Ergebnisse schockieren
So viele Niederländer bezweifeln den Holocaust
Die Niederlande haben geschockt auf Ergebnisse einer Studie reagiert, wonach fast jeder vierte niederländische Erwachsene unter 40 Jahren den Holocaust bezweifelt. „Das ist nicht nur sehr schockierend, es ist auch sehr ernsthaft“, schrieb Justizministerin Dilan Yesilgöz am Mittwoch auf Twitter. Es gebe viel zu tun für die Gesellschaft.
Eine Studie der Claims Conference hatte ergeben, dass 23 Prozent der 18- bis 40-jährigen Niederländer den Holocaust für einen Mythos oder für übertrieben halten. Das sei mehr als in anderen zuvor untersuchten Ländern. Die internationale Organisation setzt sich für Angehörige von Holocaustopfern ein.
Zunehmende Lücken im Wissen über Geschichte
Der Regierungsbeauftragte für die Bekämpfung des Antisemitismus, Eddo Verdoner, nannte die Ergebnisse „entsetzlich“. Er beklagte zunehmende Lücken im Wissen über die Geschichte. „Wir müssen dagegensteuern in den Schulen, beim Sport und in den sozialen Medien.“
Auch Abgeordnete reagierten alarmiert und warnten vor Gefahren. Die Verharmlosung des Holocaust oder das Schüren von Zweifeln auch durch Politiker sei gefährlich, sagte etwa der Fraktionsvorsitzende der linksliberalen Regierungspartei D66, Jan Paternotte.
Ergebnisse der Generationen gesondert erfasst
Die Claims Conference wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Ansprüche jüdischer Überlebender gegen Deutschland durchzusetzen, und kümmert sich auch heute um Holocaust-Überlebende und ihre Nachkommen. Befragt wurden 2000 Niederländerinnen und Niederländer ab 18 Jahren. Dabei wurden die Ergebnisse der zwischen 1980 und 1994 geborenen Millennials und der seit 1995 geborenen sogenannten Generation Z gesondert erfasst.
Fast 60 Prozent konnten kein Durchgangslager nennen
Obwohl es in den Niederlanden mehrere Durchgangslager gab, von denen aus Juden in Konzentrationslager wie Auschwitz deportiert wurden, konnten 59 Prozent aller Befragten und 71 Prozent der Millennials und Generation Z (Gen Z) kein einziges Durchgangslager im eigenen Land nennen.
Anne Frank, die mit ihrer Familie während der deutschen Besatzung der Niederlande in einem Versteck in Amsterdam lebte, war zwar 89 Prozent der Befragten vertraut. Doch 32 Prozent der Millennials und 27 Prozent aller befragten Erwachsenen wussten nicht, dass sie in einem Konzentrationslager starb.
Neonazistische Ansichten für 22 Prozent hinnehmbar
Ähnlich unbekannt war vielen das ganze Ausmaß des Holocaust: So wussten 54 Prozent aller Befragten und 59 Prozent der Millennials und Gen Z nicht, dass sechs Millionen Juden ermordet wurden.
Auch mit Blick auf die Gegenwart gab es in der Studie beunruhigende Ergebnisse. So hielten es 22 Prozent der Millennials und Gen Z für hinnehmbar, wenn eine Person neonazistische Ansichten unterstützt. In der Gesamtgruppe der Befragten in den Niederlanden lag der Anteil bei zwölf Prozent.
Wunsch nach Bildung zum Thema ist vorhanden
Der Wunsch nach Bildung und Information zu dem Thema ist der Umfrage zufolge durchaus vorhanden: Zwei Drittel der niederländischen Befragten und die Mehrheit der niederländischen Millennials und der Generation Z waren der Meinung, dass Holocaust-Erziehung in der Schule verpflichtend sein sollte.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.