Alle Personen, die die Bodenschutz-Initiative in Wiener Neustadt unterstützten, erhielten nun Post vom Bürgermeister. Bei den Betroffenen sorgt das für riesige Aufreger. Sie sehen darin nicht nur Wahlwerbung, sondern einen Datenschutzskandal.
Mehr als 1800 Personen hatten im vergangenen Jahr den überparteilichen Initiativantrag „Freie Felder – Bodenschutz in Wiener Neustadt“ unterstützt. Der Einsatz machte sich bezahlt: In der Dezember-Sitzung des Gemeinderats wurde der Beschluss des Stadtentwicklungsplans ergänzt. Bevor neues Bauland-Betriebsgebiet gewidmet wird, müssen – wie berichtet – Altbestände nachgenutzt und Brachflächen im Betriebsgebiet genutzt werden.
„Werbebrief“ und Datenschutz-Bedenken
Eineinhalb Monate später landete nun ein Brief von ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger in den Postkästen der Unterstützer. Obwohl er sich darin für deren Einsatz bedankte und die zahlreichen Umweltschutz-Maßnahmen der Stadt umriss, kam bei den Empfängern keine Freude auf. Nicht nur, weil sie das Schreiben als „Werbebrief“ kurz vor der Wahl auffassten. Sie sehen darin viel mehr einen Datenschutz-Skandal. Denn die beim Antrag angeführten Adressen hätten nie für das Rundschreiben verwendet werden dürfen. „Bürger überlegen sich nun doppelt, ob sie solche Anträge unterstützen“, kritisieren die Initiatoren.
„Demokratiepolitisch bedenklich“
Unterstützt werden sie von Datenschutz-Experten Thomas Lohninger (epicenter.works): „Wir glauben nicht, dass dieses Vorgehen vom niederösterreichischen Stadtrechtsorganisationsgesetz (STROG) gedeckt ist. Die Datenschutzbehörde sollte diesen Fall dringend untersuchen“, rät er Betroffenen, sich dort offiziell zu beschweren. Die Grünen werden selbst eine Anfrage einbringen und die Datenschutzbehörde konsultieren. Auch die Neos bezeichnen den Brief als demokratiepolitisch bedenklich, „wenn die Liste der Unterstützer anscheinend frei im Magistrat kursiert“.
Rathaus beschwichtigt
Im Rathaus sieht man aber kein Problem. Der Versand sei zuvor mit der Gemeindeabteilung der NÖ Landesregierung abgestimmt. Weil es sich dabei um eine Verständigung vom Ergebnis der Behandlung des Initiativantrags handle, stünde es weder im Widerspruch mit dem STROG noch mit der Datenschutzgrundverordnung. Schneeberger ist es auch rätselhaft, wie man eine „Einschüchterung“ aus dem Schreiben herauslesen könne. „Es wird mehrfach drauf hingewiesen, wie positiv das Engagement bewertet wird und dass die Stadt deshalb auch das Gespräch gesucht und als Ergebnis dieser Gespräche den Beschluss zum Schutz der Böden gefasst hat. Die Information über dieses Ergebnis und der Dank für das Engagement ist doch etwas Wichtiges für die Unterstützer.“
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