Er wolle an den „großen Schrauben“ des Gesundheitssystems drehen, stellte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Freitag klar. Er macht damit vor allem Druck auf die Ärztekammer, die sich in entscheidenden Fragen bewegen müsse. Sollte es im Laufe dieses Jahres dabei zu keiner Einigung kommen, droht der Minister gar mit einem Alleingang.
Grund für Rauchs Vorstoß sind die Verhandlungen des Finanzrahmens 2023: Sollte man sich nämlich bis Jahresende nicht einigen können, bleibe der aktuelle Status für fünf weitere Jahre bestehen. „Es kann nicht fünf Jahre bleiben, wie es ist, denn dann wird es am Ende noch teurer, noch ineffizienter und die Probleme werden sich verschärfen“, mahnte Rauch im Ö1-„Morgenjournal“.
„Der Kammer geht es zu sehr ums Bewahren“
Er betonte dabei, niemandem die Rute ins Fenster stellen zu wollen, forderte aber von allen Interessensvertretungen - von der Ärztekammer über die Sozialversicherung bis hin zum Finanzministerium - mehr Tempo. Besonders die Ärzteschaft sei aber ein „gewichtiger Vertreter der Interessen der Ärzte und ein extrem harter Verhandler“.
Der Kammer gehe es aber zu sehr ums Bewahren, „nicht zu sehr um eine zukunftsfähige Gestaltung“, stellte er unverhohlen seine Sichtweise klar. Man hätte jedoch ein gemeinsames Interesse, die Situation der Patientinnen und Patienten im Land gemeinsam zu verbessern, so Rauch.
Rauch fordert dringende Reformen
Sein erster Zugang sei jedenfalls, in den kommenden Gesprächen eine Lösung zu finden. Sollte es dabei jedoch keine Bereitschaft zu Reformen geben, „dann wird man sich überlegen müssen: Wie bringt man einzelne Vertragspartner dazu, diesen Dingen auch nachzukommen?“, so der Minister.
Man wird sich überlegen müssen: Wie bringt man einzelne Vertragspartner dazu, diesen Dingen auch nachzukommen?
Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne)
Eine endlose Fortschreibungen derartiger „Beharrungszustände“ könne man sich nicht leisten, pochte Rauch noch auf einen Abschluss im laufenden Jahr. Es müsse schließlich sichergestellt werden, dass es für alle Menschen in Österreich einen gleichberechtigten, guten Zugang zum Gesundheitssystem gibt.
Vetorecht der Ärztekammer könnte fallen
Kritisch sieht Rauch dabei auch den nach wie vor anhaltenden Trend zu Wahlarztpraxen - man bilde schließlich bereits genug Medizinerinnen und Mediziner aus, um die Menschen zu versorgen. Und auch in Sachen Primärversorgungszentren fordert Rauch Tempo. Während die EU immerhin 100 Millionen Euro zur Errichtung dieser zur Verfügung stellt, gibt es derzeit nur 39 solche Gemeinschaftspraxen, 75 hätten es jedoch werden sollen.
„Ich verstehe hier den Widerstand der Ärztekammer nicht“, so Rauch, der in dem Zusammenhang auch am Vetorecht der Ärztekammer sägen will. Ebenfalls bis Jahresende solle dieses zumindest n Verbindung mit den Primärversorgungszentren Geschichte sein, erklärte der Minister.
Kammer: Betonierer-Image andichten „unfair“
Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart wies die Kritik indessen vehement zurück. „Der Ärztekammer ein Betonierer-Image anzudichten, ist unfair und faktisch nicht haltbar“, meinte er in einer Aussendung. In Wien sei erst vor wenigen Tagen die zehnte Primärversorgungseinheit eröffnet worden, bis Mitte des Jahres seien fünf weitere geplant, „da kann man uns sicher keine Verweigerungshaltung vorwerfen“. Auch dass die Ärztekammern die Besetzung von Kassenstellen verhindern würden, um anderen Ärztinnen und Ärzten Konkurrenzdruck zu ersparen, wies er zurück.
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