Viktor Orbans Paranoia

„Bedenkliche“ Offiziere aus Ungarns Armee entfernt

Ausland
29.01.2023 06:00

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban lässt bis zu 200 hochrangige Offiziere seiner Armee „pensionieren“. Diejenigen, die mindestens 25 Jahre gedient haben und 45 Jahre alt geworden sind, können gemäß der neuen Regelung mit einer Kündigungsfrist von nur zwei Monaten entlassen werden.

Die Opposition steht vor einem Rätsel. Offiziell soll die Armee verjüngt werden, wie Verteidigungsminister Kristóf Szalay-Bobrovniczky sagte. Die NATO ist besorgt und fürchtet, Ungarn könnte im Verteidigungsbündnis ein ähnliches Problemkind werden, wie in der EU. Der Hintergrund dürfte jedoch in der Flüchtlingskrise von 2015 liegen.

Auslöser war die Flüchtlingskrise 2015
Die ungarische Armee verhielt sich gegenüber Orban niemals illoyal, geschweige denn äußerten sich Offiziere politisch. Bei der Flüchtlingskrise 2015 jedoch wollte Orban die Armee für den Grenzschutz einsetzen. Den regelt in Ungarn seit 2007 eine eigene Grenzschutzeinheit. Erstmals gab es dezenten Widerstand von Offizieren. „Dafür sind die Soldaten weder ausgebildet noch ausgerüstet“, hieß es damals aus dem Verteidigungsministerium.

Orban blieb jedoch unnachgiebig. Er verfügte, dass das Militär den Zaun (Bild unten) an der serbischen Grenze bauen und bewachen würde. Als Reaktion darauf trat Verteidigungsminister Csaba Hende im September 2015 zurück. Die Nachfolger sollten eine Heeresreform umsetzen. Leitende Funktionen im Verteidigungsministerium übernahmen keine Militärs, sondern Orban-treue Manager.

Ungarns Grenzzaun zu Serbien nahe der Ortschaft Asotthalom (Bild: AFP/Attila Kisbenedek)
Ungarns Grenzzaun zu Serbien nahe der Ortschaft Asotthalom

Vier Verteidigungsminister in sieben Jahren
„Orban ist paranoid geworden. Er konstruiert Probleme, wo keine sind“, sagt der ehemalige ungarische Regierungsberater Istvan Teplan im „Krone“-Gespräch. Er fürchte zudem - und hier sind Parallelen zu Kremlchef Wladimir Putin erkennbar - einen möglichen Nachfolger. Weswegen ihm eine relative Unsicherheit im Beamtenapparat nicht ungelegen kommt. „Das sieht man allein an den zahlreichen Personalrochaden im Verteidigungsministerium.“ Kristóf Szalay-Bobrovniczky ist der vierte Verteidigungsminister in sieben Jahren. Ohne Vorerfahrung, dafür mit exzellenten Geschäftskontakten nach Russland.

Dasselbe passierte mit dem Auswärtigen Dienst. „Unzuverlässige Personen“ wurden in den letzten Jahren von Außenminister Péter Szijjártó eliminiert. Wie etwa Tibor Stelbaczky, langjähriger ungarischer Botschafter bei der EU. „Für Orban zählt nichts außer bedingungslose Loyalität“, sagt Teplan. Das gilt auch für die Armee. Die betroffenen Offiziere bildeten das „Rückgrat“ der ungarischen Armee, die über militärische Erfahrung verfügten. Auch und vor allem bei NATO-Missionen.

Orban will ihm ergeben Offiziere
Für Premier Orban geht hier nicht darum das Kuckucksei in der NATO zu sein. Aber sollte es jemals zu Friktionen mit dem Militärbündnis kommen, will er ihm ergebene Offiziere haben. Und eine Kontroverse dürfte bevorstehen: Neben der Türkei ist Ungarn das einzige Bündnismitglied, dass den NATO-Beitritt von Schweden und Finnland noch nicht ratifiziert hat.

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