Drei Jahre nach Brexit
Viele Briten bedauern mittlerweile EU-Austritt
Vor drei Jahren, am 31. Jänner 2020, ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Einer aktuellen Umfrage zufolge hält inzwischen nur noch ein Drittel der Briten das Verlassen der EU, den Brexit, für eine gute Entscheidung. Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Anand Menon ist eine Rückkehr in die EU aber in den kommenden 15 Jahren ausgeschlossen. Premier Rishi Sunak bezeichnete den Brexit am Dienstag als „riesige Chance“ für das Land.
Er sehe da absolut keine Chance für eine Rückkehr in die EU, sagte der Leiter der Denkfabrik „UK in a Changing Europe“ der Deutschen Presse-Agentur. Auch wenn Umfragen zufolge inzwischen eine Mehrheit der Briten für einen Wiedereintritt in die EU ist, sei dies für die Politik in London kein Thema. Sowohl die konservative Regierung als auch die Labour-Opposition wollen die Brexit-Debatte beenden und lieber in die Zukunft, als in die Vergangenheit blicken, so Menon.
Handel mit EU um ein Fünftel eingebrochen
Eine Studie zufolge ist der Handel zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich um 20 Prozent eingebrochen. Die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben bedeutende kurzfristige Auswirklungen, grundsätzlich sind die Folgen des Brexits aber langfristig.
„Die EU zu verlassen hat die britische Wirtschaft definitiv gehemmt, die dadurch hervorgerufene Unsicherheit hat zu geringeren Investitionen geführt, neue Handelsbarrieren haben Geschäfte mit der EU schwieriger gemacht. Im Großen und Ganzen hat der Brexit dazu geführt, dass die britische Wirtschaft langsamer gewachsen ist, als sie es sonst wäre. Die Briten sind also ärmer wegen des Brexits“, Thomas Sampson von der London School of Ecomomics.
„Ich denke, es wird zehn Jahre und eine neue Regierung brauchen, damit es läuft“, sagt Ray Yates, ein ehemaliger Werftarbeiter. Befragt, ob der Brexit trotzdem eine gute Wahl gewesen sei, antwortet er mit „Ja, ich glaube schon.“ Davon ist auch der Pensionist Keith Harrington überzeugt: „Wir werden schon noch dahinkommen, das Virus (Corona, Anm.) hat es nicht einfacher gemacht, aber wenn wir angekommen sind, wird es sich auszahlen.“
Nur ein Drittel hält EU-Austritt für gut
Hinter vorgehaltener Hand bereuen indes viele ihr Votum für den Austritt. Einer Umfrage zufolge halten nur noch ein Drittel der Briten das Verlassen der Europäischen Union für eine gute Entscheidung. So auch Nimisha Raja, die Gründerin von „Nim’s Fruit & Veg Crisps“, einem Betrieb in der Grafschaft Kent, die vor dem Brexit Frucht- und Gemüsechips in sechs EU-Länder exportierte. Wegen höherer Zölle und der komplizierten Bürokratie hat ihre Firma viele Kunden verloren.
Und der Import von frischer Ware aus Spanien oder Italien ist riskant geworden - vieles verdirbt, weil es wegen der Formalitäten zu lange unterwegs ist. „Nach drei Jahren sind die Probleme immer noch nicht gelöst. Im Augenblick finden wir uns einfach damit ab. Der Export in die EU ist nicht mehr im Mittelpunkt“, bedauert Nimisha Raja.
„Brexit macht es für uns schwieriger“
Emily Vermont (Bild), die Inhaberin der Kletterhalle „Indirock Climbing Gym“ in Southend-on-Sea in der Grafschaft Essex, hatte gar nicht damit gerechnet, dass der Brexit für sie ein Thema sein könnte, als sie 2021 aufmachte. Aber vieles von der Ausstattung wird in der EU gefertigt und einige Firmen zögern, sich auf die britischen Zollformalitäten einzulassen. „Wir haben zuerst an den Klettergriffen gemerkt, wie der Brexit die Sachen für uns schwierig macht“, sagt sie.
Bei den Griffen ihrer Kletterwand komme die Mehrzahl von Anbietern aus Europa. Und wegen des Brexits gebe es jetzt einen großen Rückstand, erläutert sie. „Wenn wir eine Bestellung für Klettergriffe aufgeben, dauert es drei bis sechs Monate, bis sie bei uns ankommen“, so Vermont.
Sunak: Land hat „große Schritte gemacht“
Premierminister Rishi Sunak hat indes am Dienstag den Brexit verteidigt. In den vergangenen drei Jahren habe Großbritannien „große Schritte“ gemacht, die „durch den Brexit entstandenen Freiheiten nutzbar zu machen“, erklärte er anlässlich des Jahrestages des offiziellen Austritts aus der EU. Dieser sei eine „riesige Chance“ für Wachstum, Arbeitsplätze und soziale Mobilität, fügte der Regierungschef hinzu. Das Land habe sich „einen Weg als unabhängige Nation mit Selbstbewusstsein gebahnt“, so Sunak.
Beim Brexit-Referendum 2016 hatten 52 Prozent der Briten für einen Austritt aus der EU gestimmt. Nach langen Verhandlungen mit Brüssel trat das Vereinigte Königreich zum 31. Jänner 2020 um Mitternacht aus dem Staatenverbund aus.
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