Klischees, Bedrohungen und auch physische Übergriffe: Hass gegen Juden ist in Österreich weiterhin präsent. Dazu präsentierte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zusammen mit dem Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, einen neuen Umsetzungsbericht zur nationalen Strategie gegen Antisemitismus. Erfreulich: Die antisemitischen Vorfälle sind zurückgegangen. Andere Entwicklungen sind aber besorgniserregend.
„Hau ab, niemand braucht dich hier, geh heim ins gelobte Land. Glaubt ihr Juden, ihr seid was Besonders? Schon Gott hat euch verstoßen.“ Diese Nachricht bekam IKG-Präsident Oskar Deutsch persönlich zugeschickt. Als Beispiel für den noch immer existierenden Antisemitismus in Österreich las er sie bei der Pressekonferenz am Dienst vor. Er könne noch „Dutzende Nachrichten mit Hassbotschaften vorlesen“, das wäre aber irreführend, so Deutsch, denn: „So ist Österreich nicht“.
„Leben ein österreichisches jüdisches Leben“
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sei viel geleistet worden, um jüdisches Leben zu fördern, betonte Deutsch. „Wir leben ein österreichisches jüdisches Leben“, sagte er. Das sei „die beste Antwort an alle Antisemiten“. Er berichtete von einer Konferenz mit Präsidenten der jüdischen Gemeinden in Europa, bei der das Stimmungsbild bedrückend gewesen sei. Antisemitismus sei in allen Formen in ganz Europa sehr präsent. Das beginne bei Klischees und gehe bis zur terroristischen Bedrohung. „In Österreich ist vieles, wenn auch nicht alles, besser als in den meisten anderen Staaten der Europäischen Union“, betonte der IKG-Präsident. Und: „Wir lassen uns nicht einschüchtern.“
Das Stärken jüdischen Lebens ist Teil der nationalen Strategie gegen Antisemitismus. Fazit des 2. Umsetzungsberichts der 2021 präsentierten Strategie: Die Zahl der gemeldeten antisemitischen Vorfälle sind zuletzt um ein Drittel zurückgegangen. Das sei erfreulich, aber „kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen“, betonte Edtstadler. Denn bei Jugendlichen sei ein Anstieg zu verzeichnen. Bei Einzelfällen an Schulen hätten Lehrer und Lehrerinnen sofort einzugreifen. Man müsse für eine Gesellschaft ohne Antisemitismus kämpfen, bekräftigte die Ministerin.
Mit der nationalen Strategie sei Österreich ein Vorreiter und Impulsgeber in Europa, mittlerweile seien 15 EU-Staaten diesem Vorbild gefolgt, so Edtstadler. In Österreich seien von 38 geplanten Maßnahmen 26 zur Gänze umgesetzt, alle anderen in Arbeit. Als Beispiele nannte sie das österreichisch-jüdische Kulturerbegesetz sowie Maßnahmen im Bereich der Schulung von Sicherheitsbehörden, Justiz, Bundesheer und im Integrationsbereich.
„Ausschlaggebend ist nicht die Strafbarkeitsschwelle“
Zudem seien weitere Verschärfungen bei der Strafbarkeit auf dem Weg, wie die geplante Novellierung des Verbotsgesetzes. Allerdings sei im Kampf gegen Antisemitismus nicht die Strafbarkeitsschwelle ausschlaggebend, machte die Ministerin klar - „sondern es beginnt schon sehr viel früher“. Es gelte, die Sensibilität für dieses Thema in der Gesellschaft weiter zu erhöhen.
Gesprächsbereit zeigte sich Karoline Edtstadler für die Errichtung eines Shoah-Zentrums in Wien. Der IKG-Präsident hatte sich einen solchen Gedenkort, ähnlich wie Einrichtungen in Israel und den USA, auch in Österreich gewünscht, weil es immer weniger Zeitzeugen gibt. Edtstadler verwies dabei auch auf die Namensmauer im Ostarrichi-Park in Wien, auf der die Namen aller jüdischen Opfer des Nationalsozialismus in Österreich verzeichnet sind. Für Angehörige und Überlebende, die nicht in der Lage sind, nach Österreich zu reisen, werden die Namen nun auch als zweibändige Dokumentation herausgegeben.
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