01.02.2023 11:21

Oberst im „Krone“-Talk

Panzer für Ukraine: Rote Linie überschritten

„Nach einem Jahr Krieg hat niemand seine Ziele erreicht“, resümiert Oberst Berthold Sandtner die Lage in der Ukraine. Ein Ende ist nicht in Sicht, im Gegenteil: „Russland bereitet sich auf eine längere Konfrontation vor“, dass man nun Kampfpanzer liefere, sei eine logische Folge: „Wir haben die rote Linie immer weiter verschoben“, analysiert er im Live-Talk mit Conny Winiwarter.

Ganz vorsichtig hat man sich herangetastet und immer „abgewartet, wie Russland reagiert“. Dann ist man immer einen Schritt weitergegangen. „Zuerst lieferten wir nur Munition, dann Geschütze, dann Flugabwehrsysteme“ - und jetzt eben Kampfpanzer, obwohl diese sehr lange „eine rote Grenze waren.“

Warten auf Kampfpanzer „spielt Russland in die Karten“
Die Entscheidung steht, doch bis die Panzer in der Ukraine zum Einsatz kommen können, „wird das schon ein Zeiterl dauern“. Soldaten dafür neu zu formatieren und taktisch auszubilden „dauert sechs Monate oder mehr“. Hinzu käme die technische Dimension: Logistik, Bergemittel, Garagen, Munition, Werkzeuge - „das alles muss sichergestellt werden.“ Dieser zeitliche Verzug „spielt Russland in die Karten“, so der Militärexperte.

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USA haben sicherheitspolitisches Interesse in jede Richtung

Berthold Sandtner, Oberst des Generalstabes im Österreichischen Bundesheer

USA als „Sicherheitsprovider“
Eigentlich wollten die USA aber gar keine Panzer liefern. Letzte Woche dann die Trendwende. „Die USA haben ein sicherheitspolitisches Interesse in jede geopolitische Richtung“, sieht Sandtner den Sinneswandel begründet. Zudem habe sich die USA schon öfter in der Rolle eines „Sicherheitsproviders“ gesehen - so sind sie ja sowohl in den Ersten, als auch in den Zweiten Weltkrieg eingetreten. „Seitdem gelten sie als eine wesentliche Schutzmacht“, so Oberst Sandtner.

Moderatorin Conny Winiwarter im Gespräch mit Oberst Berthold Sandtner (Bild: kronet.v)
Moderatorin Conny Winiwarter im Gespräch mit Oberst Berthold Sandtner

Wird der „Sicherheitsprovider“ nun auch die rote Linie der Kampfjet-Lieferungen überschreiten? Sandtner: „Das ist momentan sehr unrealistisch.“ Brauchen würde man sie zwar, doch die Ausbildung und die Infrastruktur sind „um Welten komplizierter“ als bei Kampfpanzern.

Russland startet „Militarisierung der Gesellschaft“
Dass Russland ab Herbst eine verpflichtende militärische Ausbildung einführt, macht für Sandtner aus militärstrategischer Sicht Sinn: „Man merkt, dass sich Russland auf einen längeren Konflikt einstellt.“ Die „Militarisierung der Gesellschaft“ sei dabei ein erster Schritt - und diese beginnt nun mal „ganz unten.“ Neu ist das aber nicht: „Im Europa der 1938er war das in Deutschland ja genau gleich.“

Krieg in Österreich: „Wir wären wehrlos“
Die Gefahr eines Weltkriegs bestehe nicht: „Eine Eskalation über Grenzen hinweg ist in keinerlei Interesse“. Sollte es doch zu unerwarteten Ausschreitungen kommen, so könnten wir das aus militärischer Sicht wohl kaum stemmen, doch „sind wir in der komfortablen Position, in der Mitte zu sein.“ Die finale Lösung ist das freilich nicht: Der Aufbauplan des Bundesheeres soll Abhilfe schaffen.

Oberst Berthold Sandtner beurteilt die Auswirkungen der Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine (Bild: krone.tv)
Oberst Berthold Sandtner beurteilt die Auswirkungen der Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine

Das ganze Interview mit Berthold Sandtner sehen Sie im Video oben. Eine neue Folge krone.tv NACHGEFRAGT gibt‘s montags bis freitags um 9:30 Uhr.

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