Jedes zehnte Kind in England hat im Alter von neun Jahren schon Pornos gesehen, bei 18-Jährigen sind es bereits 79 Prozent, die mit Gewaltpornos im Internet vertraut sind. Mit verheerenden Folgen, wie aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht zum Pornokonsum bei Kindern und Jugendlichen hervorgeht: Demnach glauben viele Jugendliche, Gewalt beim Sex gehöre dazu.
Sie werde niemals die Geschichte eines zwölfjährigen Mädchens vergessen, deren Freund sie beim ersten Kuss gewürgt habe - weil er das so in Pornos gesehen hatte und dachte, es sei normal, sagte die Kinderbeauftragte Rachel de Souza bei der Vorstellung des Berichts. Sie warnte eindringlich davor, den Einfluss von Pornografie im Internet zu unterschätzen, zumal diese immer gewalttätiger würde.
In einer repräsentativen Umfrage im vergangenen Jahr unter rund 1000 Heranwachsenden im Alter von 16 bis 21 Jahren in England waren 47 Prozent der Auffassung, dass Mädchen Gewalt beim Sex wie etwa Schläge oder Würgen „erwarten“. 42 Prozent glaubten, dass Mädchen dies „mögen“. Bei den über 18-Jährigen haben 47 Prozent schon einmal Gewalt beim Sex erlebt.
„Normalisierung sexueller Gewalt“
Die Inhalte der Pornos, die sich die Kinder heute ansähen, seien nicht vergleichbar mit den Bildern, die ihre Eltern im selben Alter in Magazinen finden konnten, die zudem im obersten Regal versteckt gewesen seien, hieß es in dem Bericht. Die neuen Pornos enthielten oftmals Szenen, in denen Frauen erniedrigt würden und ihnen Gewalt angetan werde.
Diese Pornos spielten eine „Schlüsselrolle bei der Normalisierung und Duldung sexueller Gewalt gegen Frauen“ - und seien umso gefährlicher, je früher die Kinder ihnen ausgesetzt seien.
Großbritannien plant striktere Alterskontrollen
Das britische Parlament berät in den kommenden Tagen über ein neues Gesetz zur Online-Sicherheit. Es sieht striktere Alterskontrollen vor, um sicherzustellen, dass unter 18-Jährige auf den Internet-Plattformen keine Inhalte sehen, die nur für Erwachsene bestimmt sind.
Die Kinderbeauftragte unterstützt die Initiative. Diese sei aber kein „Allheilmittel“, warnte sie. Scharf kritisierte sie, dass Online-Netzwerke solche Kontrollen nicht schon längst eingeführt hätten.
Kontakt in sozialen Netzwerken
Dem Bericht zufolge sind es vor allem die gängigen Online-Netzwerke, über die Kinder in Kontakt mit Pornos kommen. Knapp 40 Prozent der 16- bis 21-Jährigen sagten aus, eher zufällig auf Pornografie im Internet gestoßen zu sein. Rund die Hälfte der Befragten haben nach eigenen Angaben bewusst nach Pornografie gesucht.
Twitter war demnach die häufigste Quelle: 41 Prozent gaben an, dass sie auf der Seite, deren Anmeldealter bei 13 Jahren liegt, Pornos gesehen hätten. Bei Instagram waren es 33 Prozent und bei Snapchat 32 Prozent. 37 Prozent besuchten spezielle Pornoseiten und 30 Prozent nutzen Suchmaschinen.
Eltern machtlos
Die Eltern wüssten „oftmals nicht einmal, wie einfach sich gewaltsame und erniedrigende Inhalte im Internet finden lassen“, hieß es in dem Bericht. „Eltern können die Flut dieser Inhalte in den Online-Medien nicht aufhalten“, sagte auch de Souza der BBC. Es seien die milliardenschweren Tech-Firmen, die das tun müssten und könnten.
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