Vier Menschen sind gestorben, Dutzende wurden am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt verletzt. Der verantwortliche Schütze Kujtim F. ist tot. Jene sechs Männer im Großen Schwurgerichtssaal in Wien sollen ihm geholfen und ihn unterstützt haben. Am 15. Verhandlungstag fielen in der Nacht auf Donnerstag nun nicht rechtskräftige Urteile - die bis zu lebenslange Haft nach sich ziehen.
Wegen der Beteiligung an terroristischen Straftaten in Verbindung mit Mord, terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation saßen die sechs Männer seit Oktober vor Gericht in Wien. Eine Vielzahl an Verhandlungstagen haben die Geschworenen bereits hinter sich und sollten nun über die Schuld der mutmaßlichen Unterstützer des Attentäters Kujtim F. entscheiden.
„Zusammengesetztes Puzzle“
Laut Staatsanwältin sind die Rollen der Helfer klar: Der 23-jährige Erstangeklagte ist mit dem Schützen in die Slowakei gereist, um dort für das Sturmgewehr Munition zu kaufen - was letztendlich scheiterte. Der Zweit- und Drittangeklagte (22 und 24) haben mit Kujtim F. zusammen das Ziel des Blutbades ausgewählt, unterstützten und bestärkten ihn.
Genau wie der Viertangeklagte (28), der bei den letzten Vorbereitungen am Tag der Tat half - auch beim Laden der Waffen, die der Attentäter vom 32-jährigen Fünftangeklagten hatte. Dieser verkaufte Kujtim F. die Kalaschnikow und die Pistole samt Patronen. Ein Kontakt, den der Sechstangeklagte (22) herstellte.
Zwölf Stunden dauerte die Beratung der Geschworenen über die insgesamt 28 Fragen. Bei der auch der vorsitzende Richter anwesend war. Eine äußerst außergewöhnliche Situation. Anwalt Rudolf Mayer habe das erst einmal in den letzten 40 Jahren erlebt.
Schuldsprüche und Freisprüche
Kurz nach 23 Uhr wird es ernst: Der 23-jährige Erstangeklagte wird von dem Hauptanklagepunkt der Beteiligung an terroristischen Straftaten in Verbindung mit Mord freigesprochen. Das gilt auch für den zweiten Angeklagten. Anders als der Drittangeklagte (24). Die Geschworenen sprechen in schuldig in Bezug auf die Beteiligung an terroristischen Straftaten in Verbindung mit Mord. Genau wie den Viert-, Fünft- und Sechstangeklagten. Wobei beim fünften Angeklagten alias dem Waffenhändler des Attentäters die terroristische Komponente wegfällt. Er ist schuldig der Beteiligung am Mord.
Der Fünftangeklagte wird außerdem nach dem Waffen- und Kriegsmaterialgesetz verurteilt. Der Sechstangeklagte ist schuldig, den Kontakt zwischen Kujtim F. und dem Händler hergestellt zu haben.
Lebenslange Haftstrafen
Nach Mitternacht dann die Verkündung des jeweiligen Strafmaßes: Der Erstangeklagte wird wegen Mitgliedschaft beim IS und Verbreitung von Propaganda zu 24 Monaten teilbedingter Haft verurteilt. Genau wie der zweite Angeklagte. Acht Monate davon sind bedingt - beide können heute also nach Hause gehen. Die Zeit haben sie bereits in U-Haft abgesessen.
Der Viert- und Fünftangeklagte fassen die Höchststrafen aus: lebenslange Haft! Von den Angehörigen kommen erstickte Seufzer. Der Drittangeklagte muss 20 Jahre ins Gefängnis. Der 22-jährige Sechstangeklagte - für ihn gilt das Jugendstrafrecht - wird zu 19 Jahren Haft verurteilt. Die Urteile sind nicht rechtskräftig!
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