Pfusch gilt in Österreich weiterhin als Kavaliersdelikt, in Krisenzeiten blüht er richtig auf. Seit der Corona-Pandemie und durch den Ukraine-Krieg hat der Anteil der Schwarzarbeit an der Wirtschaft deutlich zugelegt. Die Zeichen stehen darauf, dass der Pfusch heuer im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent wächst, schätzt der Linzer Ökonom Friedrich Schneider.
Die Gründe dafür sind die hohe Inflation, das geringe Wirtschaftswachstum und Reallohnverluste, wie Schneider im Ö1-„Morgenjournal“ erläutert: „Die Einkommensverluste der unteren und mittleren Einkommensschichten scheinen doch größer zu sein, als es in vielen offiziellen Statistiken aufscheint und daher wird mehr gepfuscht.“
Schwarzarbeiter wollen Lebensstandard erhalten
Dabei reicht die Schwarzarbeit von der Nachbarschaftshilfe bis zur großangelegten Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben. Am allermeisten wird bei Bau- oder Renovierungsarbeiten bei Haus und Wohnung gepfuscht, auch Dienstleistungen von Autoreparatur bis Nachhilfe werden schwarz angeboten. Die Mehrheit der Schwarzarbeitenden wolle ihren Lebensstandard erhalten oder erhöhen, so die Untersuchungen des Ökonomen, der an der Uni Linz forscht.
„Der Pfusch ist die Steuerrebellion des kleinen Mannes“, so Friedrich Schneider. „Und er sagt sich, wenn ich so viel Steuern zahlen muss und ich will etwas zusätzlich verdienen, dann bin ich nicht bereit, dafür auch noch Steuern zu zahlen.“ Er schätzt heuer das Volumen der sogenannten Schattenwirtschaft auf fast 32 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr wäre das ein Plus von drei Mrd.
Fehlbetrag von 3,5 Mrd. bei Krankenkassen
Hauptverlierer sind einerseits der Fiskus, andererseits die Sozial- und Krankenkassen: Der Fehlbetrag durch geringere Einnahmen und höhere Ausgaben - etwa aufgrund von Unfällen - liege hier bei etwa 3,5 Mrd. Euro. Allerdings entgeht dem Staat nicht alles: „Dadurch, dass das im Pfusch verdiente Geld sofort wieder ausgegeben wird, wird zumindest ein Teil durch zusätzliche Mehrwertsteuereinnahmen kompensiert“, so Schneider im ORF-Radio. Der Wirtschaft wiederum entgehen Aufträge, die im Pfusch gemacht werden und offiziell von Betrieben gemacht hätten können. Den Wert dieser Aufträge schätzt der Linzer Wirtschaftsprofessor auf zwei bis fünf Milliarden.
Um das Ausmaß der Schwarzarbeit zu senken, empfiehlt der Linzer Professor mehr Anreize. Die teilweise Abschaffung der kalten Progression und die ökosoziale Steuerreform seien dafür schon wichtige Schritte, weitere sollten folgen. Professor Schneider schlägt vor, den Handwerkerbonus etwa auf haushaltsnahe Dienstleistungen ausweiten. „Das große Reformprojekt wäre die Senkung der Lohnnebenkosten“, betont er.
Österreich steht im EU-Schnitt bestens da
Schwarzarbeit blüht hierzulande, im europäischen Vergleich schneidet Österreich aber bestens ab: Gemessen an der Wirtschaftsleistung liegt der Anteil der Schwarzarbeit bei unter acht Prozent. Der Schnitt der 27 EU-Länder beträgt dagegen fast 20 Prozent.
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