Rudi Mair, der langjährige Leiter des Tiroler Lawinenwarndiensts, sieht ein großes Gefälle bei der Einschätzung der Lawinensituation zwischen Tourengehern und Variantenfahrern. Auch mit Airbag-Rucksack müsse man sich so verhalten, als hätte man ihn nicht dabei.
Nach dem Horrorwochenende mit acht Lawinentoten ist Analyse angesagt. Zusätzlich zu den Unglücken mit Todesfolge zählten die Experten Dutzende Lawinenabgänge, die für die Beteiligten glimpflich oder „nur“ mit Verletzungen endeten. Eine offizielle Statistik existiert zwar nicht, Variantenfahrer beziehungsweise Freerider dürften aber wohl das Gros der Betroffenen ausmachen.
„Neben der Piste sieht es lässig aus“
„Die Skitourengeher sind besser ausgerüstet und verfügen über das bessere Wissen zu den alpinen Gefahren“, sagt Tirols oberster Lawinenwarner Rudi Mair. „Viele Skifahrer sehen Spuren abseits der gesicherten Pisten und fahren dann einfach hinaus, weil es für sie neben der Piste lässig aussieht.“ Die Konsequenz: dramatische Lawinenabgänge wie etwa am Samstag im Zillertal, wo ein 17-jähriger Neuseeländer starb.
Mehr warnen, als wir es machten, geht fast nicht. Das wäre dann fast schon ein Overkill. Einige kann man leider nicht erreichen.
Rudi Mair, langjähriger Leiter des Tiroler Lawinenwarndiensts
Auf tragische Weise falsch eingeschätzt hat am Wochenende bekanntlich auch ein Skiguide in St. Anton am Arlberg die Lawinengefahr in der Variantenabfahrt „Törli“. Er und ein Gast wurden von einer Lawine erfasst und mehr als vier beziehungsweise drei Meter tief verschüttet. Erst 24 Stunden später war die Situation vor Ort sicher genug, dass die Bergrettung St. Anton die Leichen ausgraben und bergen konnte.
Dabei hatten die Einsatzkräfte eine Herkulesaufgabe zu bewältigen. „Insgesamt standen 20 Mann im Einsatz, die in zwei Gruppen abwechselnd schaufelten“, schildert Kurt Hüttl, Ortsstellenleiter und Einsatzleiter der Bergrettung St. Anton. Erst nach zwei Stunden waren die Toten befreit.
Das Mitführen des Airbags liefert überhaupt keine Garantie, bei einem Lawinenunglück nicht verschüttet zu werden.
Jörg Randl, Leiter der Alpinpolizei im Bezirk Innsbruck-Land
Eine Sicherheitsausrüstung wie der Lawinenairbag dürfe laut Mair keinesfalls zu mehr Risiko verleiten. Und Jörg Randl, Leiter der Alpinpolizei im Bezirk Innsbruck-Land, bringt es auf den Punkt: „Das Mitführen des Airbags liefert überhaupt keine Garantie, bei einem Lawinenunglück nicht verschüttet zu werden.“
Kein Übermut bei Postkartenwetter
Das Postkartenwetter diese Woche darf laut Lawinenguru Mair nicht zu Übermut verleiten. „Es herrscht in nächsten Tagen Stufe 3 – erhebliche Gefahr“, betont der Experte. Bei Stufe 3 passieren bekanntlich die meisten Unfälle.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.