„Wirklich gefühllos“
Syrische Truppen griffen Erdbebengebiete an
Kurz nach dem Erdbeben in Syrien haben Regierungstruppen genau jene Gebiete angegriffen, die schwer betroffen sind. Auch die türkische Regierung soll laut kurdischen Angaben wieder kurdische Gebiete angreifen. Bomben sollen genau dann gefallen sein, als Einwohnerinnen und Einwohner versuchten, unter eingestürzten Gebäuden Verschüttete zu retten.
Ziel des Angriffs war die 35 Kilometer nördlich von Aleppo gelegene Rebellenstadt Marea in Syrien. Das berichteten syrische Quellen und britische Abgeordnete wie die Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Alicia Kearns. Kearns sprach von einem „wirklich gefühllosen und abscheulichen Angriff“ sowie Opportunismus. Die gemäßigte Opposition solle angegriffen und zerstört werden. Zuvor hatte die von der Opposition betriebene Zivilschutzorganisation „Weißhelme“ noch einen Brief an Diplomatinnen und Diplomaten gerichtet, dass sie Druck auf die syrische Regierung ausüben sollen, „um sicherzustellen, dass es in den betroffenen Gebieten keine Bombenangriffe gibt.“
Luftangriffe bei Nachbeben
Zusätzlich zu Marea soll auch die vom Erdbeben betroffene Stadt Tel Rifat im Nordwesten Syriens beschossen worden sein. Dort werden türkische Regierungstruppen verdächtigt. „Wir haben in der Nacht noch mal Nachbeben gehabt, und trotzdem wurden weiter türkische Luftangriffe geflogen“, sagte Fee Baumann von der Hilfsorganisation „Kurdischer Roter Halbmond“ laut einem Bericht des deutschen Fernsehsenders ZDF am Dienstagabend. Nötige Hilfe werde auf diese Weise verhindert.
Die politische Lage erschwert den Transport von Hilfsgütern und die Rettungsaktionen zusätzlich. Zwischen der Türkei und Syrien gibt es einen einzigen offenen Grenzübergang, Bab al-Hawa. Wegen Straßenschäden verzögere sich dort die Lieferung humanitärer Hilfe, sagten UNO-Quellen. Die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland hatten in den vergangenen Jahren einen entsprechenden Hilfsmechanismus mit mehreren Übergängen Schritt für Schritt verkleinert.
„Es ist skandalös, dass ein NATO-Staat eine humanitäre Katastrophe mutwillig verschlimmert. Für islamistische Kämpfer und moderne Waffen waren diese Grenzen immer geöffnet. Jetzt müssen endlich auch humanitäre Lieferungen für Nordsyrien und für ganz Syrien durchgelassen werden“, sagte der Nahost-Experte der deutschen Gesellschaft für bedrohte Völker, Kamal Sido.
Katastrophenhilfe von EU?
Das Regime in Damaskus stellte bereits einen Antrag auf Katastrophenhilfe an die EU. Darunter sind unter anderem Medikamente, Lebensmittel und medizinische Geräte. Der syrische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Bassam Sabbagh, bekräftigte am Dienstag, dass humanitäre Hilfe innerhalb Syriens durch Gebiete fließen sollte, die von der Regierung kontrolliert werden. Das Erdbeben am Montag traf im Norden Syriens Gebiete unter verschiedener Kontrolle. In Syrien und in der Türkei wurden insgesamt mehr als 11.000 Tote geborgen. Zahlreiche weitere Menschen wurden verletzt.
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