Erdogan im Bebengebiet

Über 16.000 Tote, „Defizite“ im Krisenmanagement

Ausland
09.02.2023 09:51

Nach dem verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist die Gesamtzahl der Todesopfer in beiden Ländern auf mehr als 16.000 gestiegen. In der Türkei starben laut einer in der Nacht auf Donnerstag veröffentlichten neuen Bilanz von Behörden und Rettungskräften 12.873 Menschen. In Syrien stieg die Zahl der Todesopfer auf 3162. Bei einem Besuch zweier besonders betroffener Regionen räumte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „Defizite“ im Krisenmanagement nach der Katastrophe ein.

Gleichzeitig meinte er: „Auf so ein Erdbeben kann man sich nicht vorbereiten.“ Es sei jetzt die „Zeit der Einheit und der Solidarität“. „Ich kann Leute nicht ertragen, die in so einer Zeit Negativkampagnen fahren“, übte der Staatschef Kritik an der Opposition. Diese hatte nämlich zuvor dem Präsidenten eine Teilschuld für die Katastrophe gegeben. „Wenn es eine Person gibt, die dafür verantwortlich ist, ist es Erdogan“, giftete Kemal Kilicdaroglu, Chef der größten Oppositionspartei CHP.

Erdogan in der vom Erdbeben schwer getroffenen Stadt Kahramanmaras im Südosten der Türkei (Bild: APA/AFP/ADEM ALTAN)
Erdogan in der vom Erdbeben schwer getroffenen Stadt Kahramanmaras im Südosten der Türkei
Präsident Recep Tayyip Erdogan versprach den Menschen rasche Hilfe. (Bild: AP)
Präsident Recep Tayyip Erdogan versprach den Menschen rasche Hilfe.

Reporterin: „Retter weigern sich, aufzugeben“
Noch immer werden viele Menschen in beiden Ländern unter Trümmern vermisst. Der Nachrichtenagentur Anadolu zufolge sind allein in der Türkei mehr als 6000 Gebäude eingestürzt. Mehr als 13 Millionen Menschen seien von den massiven Erdstößen betroffen. Dem Sender TRT World zufolge konnten in der Türkei bisher etwa 8000 Menschen aus den Trümmern gerettet werden. Eine Reporterin des Fernsehkanals berichtete über den verzweifelten Kampf gegen die Zeit: „Die Retter weigern sich, aufzugeben.“ Aber die Momente der Freude über eine weitere Rettung würden immer seltener.

Trotzdem gibt es noch immer Erfolgsmeldungen: So wurde ein 24-jähriger Mann rund 64 Stunden nach dem Beben in der türkischen Provinz Kahramanmaras gerettet. In der Provinz Hatay konnte nach Angaben vom Mittwochabend eine 75-Jährige 60 Stunden nach der Naturkatastrophe aus den Trümmern befreit werden. In der Südprovinz Adiyaman wurde ein sieben Monate altes Baby lebend gefunden. Die Rettungsteams arbeiten unermüdlich, um noch Überlebende zu finden. Die kritische Überlebensgrenze liegt normalerweise bei etwa 72 Stunden. Bilder aus den Katastrophengebieten zeigten auch in der Nacht auf Donnerstag Bagger, die Schutt abtrugen. Angehörige Verschütteter warteten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt auf erlösende Nachrichten.

Lage in Syrien noch dramatischer
Vor allem im Norden Syriens ist das Ausmaß der Katastrophe nur schwer zu fassen. Hilfe kommt nur langsam voran - nicht zuletzt wegen der politischen Lage in dem Bürgerkriegsland. Die Nothilfe war UN-Angaben zufolge auch wegen einer zerstörten Straße zum Grenzübergang Bab al-Hawa zwischen der Türkei und Syrien erschwert gewesen, die inzwischen laut Weltgesundheitsorganisation repariert werden konnte. Die Vereinten Nationen hoffen, dass am Donnerstag wieder Lastwagen den Grenzübergang passieren können.

Mit einer Stärke von 7,7 bis 7,8 hatte das Beben am frühen Montagmorgen das Gebiet an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien erschüttert. Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,5 in derselben Region. Tausende Gebäude stürzten ein.

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