Unmut wächst
Termin für Türkei-Wahl im Mai wackelt
Das verheerende Erdbeben in der Südtürkei lässt den Termin für die Wahl im Mai wackeln. Ein Regierungsvertreter sprach von „ernsten Schwierigkeiten.“ Dies wird als erster Hinweis gedeutet, dass die Präsidenten- und Parlamentswahl verschoben werden könnte.
Der Unmut über das Katastrophenmanagement in der Türkei wächst. Zweifel werden laut, ob die Präsidenten- und Parlamentswahl wie geplant im Mai durchgeführt werden kann. „Es ist wirklich zu früh, um über die Wahl zu sprechen“, sagte ein Regierungsvertreter. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Wahltermin im Jänner festgelegt.
Schlechte Meinungsumfragen für Erdogan
Laut Meinungsumfragen, die noch vor den Erdbeben veröffentlicht wurden, muss sich Erdogan auf einen harten Wahlkampf einstellen. Seine Beliebtheit hat unter anderem aufgrund steigender Lebenshaltungskosten und der schwächelnden Landeswährung Lira gelitten. Nun wird er dafür kritisiert, wie seine Regierung auf das verheerende Erdbeben reagiert hat.
Ob der Präsident wiedergewählt wird, hängt laut Beobachterinnen und Beobachtern aber stark von seinem Umgang mit der Katastrophe ab. „Eine wirksame Nothilfe könnte den Staatschef und seine Partei, die AKP, stärken, indem sie ein Gefühl der nationalen Solidarität auslöst“, sagte etwa Wolfango Piccoli von der internationalen Beratungsfirma Teneo.
Position als starker Führer
Aktuell versucht Erdogan, sich als starker Führer zu positionieren. Bei seinem Besuch im Erdbebengebiet am Mittwoch umarmte er eine weinende Frau in der Provinz Kahramanmaras. Danach reiste er nach Hatay weiter, wo die Zahl der Opfer noch höher ist. Dort räumte der Staatschef sogar „Defizite“ beim Krisenmanagement ein, betonte aber, dass „es unmöglich ist, auf eine Katastrophe wie diese vorbereitet zu sein.“
Vor allem im Süden der Türkei macht sich Wut auf die Regierung breit. Viele Menschen fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen und werfen ihnen vor, ihre Angehörigen nicht aus den Trümmern gerettet zu haben. „Ich habe die Wut mit eigenen Augen gesehen. Ich bin mir sicher, dass das Auswirkungen haben wird. Erdogan hat nicht nur die staatlichen Institutionen geschwächt, sondern auch die türkische Zivilgesellschaft“, sagte Gönül Tol, die Leiterin des Türkei-Programms der US-Denkfabrik Middle East Institute, die sich zum Zeitpunkt des Bebens selbst im Land aufhielt.
Dabei bezog sie sich auf den gescheiterten Putsch 2016, nach dem die Regierung gegen viele Organisationen der Zivilgesellschaft vorgegangen sei.
Unabhängig von den politischen Folgen der Katastrophe ist es eine große logistische Herausforderung, Wahlen in den betroffenen Gebieten abzuhalten. In der Region, die von den Beben betroffen ist, leben etwa 13 Millionen Menschen. Hunderttausende sind obdachlos geworden.
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