Die TV-Journalistin Marina Owsjannikowa hat erstmals Einblick in ihre Flucht aus Russland gegeben. Mithilfe der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ sei sie kurz vor Beginn eines Prozesses im Oktober aus dem Land geschleust worden, berichtete die Kriegsgegnerin. Sie habe siebenmal das Fahrzeug gewechselt.
Das letzte Stück bis zur Grenze habe sie mit ihrer elfjährigen Tochter nachts über Äcker zu Fuß zurückgelegt. Die elektronische Fußfessel, die sie auf behördliche Anweisung tragen musste, hätte sie gleich zu Beginn ihrer Flucht weggeworfen. Insgesamt habe die 44-Jährige siebenmal das Fahrzeug gewechselt.
Über welche Strecke ihr Weg in den Westen führte, verriet die Journalistin nicht. Der Generalsekretär von „Reporter ohne Grenzen“, Christophe Deloire, betonte, dass die Flucht nicht von einem Geheimdienst organisiert worden sei.
Journalistin verließ Kreml-treue Linie
Das Bild der Russin ging im März vergangenen Jahres um die Welt. Die bis dahin als linientreu geltende Mitarbeiterin des Ersten Kanals hatte in den Nachrichten des russischen Staatsfernsehens mit dem Schild „No War!“ („Kein Krieg“ auf Deutsch, Anm.) im Studio protestiert. Damit sorgte sie nicht nur für Aufregung, sondern zog auch die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich. Owsjannikowa stand unter Hausarrest und war auf eine Fahndungsliste gesetzt worden. Sie wurde wegen der „Verbreitung von Falschinformationen“ angeklagt.
Krieg war ein „enormer Schock“
„Ich war mitten in der Propaganda-Blase des Ersten Kanals. Ich war bereit, diese Blase zu zerstechen“, sagte Owsjannikowa am Freitag in Paris. Der Krieg sei für sie ein enormer Schock gewesen und sie habe gehandelt, wie sie es für richtig gehalten habe. Die Journalistin wünscht den Ukrainerinnen und Ukrainern, dass sie siegen gegen das russische Regime und ihr Land zurückgewinnen. Die internationale Gemeinschaft müsse das Kriegsland gemeinsam unterstützen.
Wie berichtet, hielt sich Owsjannikowa zwischenzeitlich in Deutschland auf, wo sie für die Zeitung „Die Welt“ arbeitete. Im Juli kehrte sie aber kurz nach Russland zurück, um das Sorgerecht für ihre beiden Kinder zu bekommen.
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