„Impulsive Reaktion“
Ballettchef attackierte Kritikerin mit Hundekot
Der deutsche Ballettdirektor Marco Goecke hat der „FAZ“-Tanzkritikerin Wiebke Hüster in einer Premierenpause Hundekot ins Gesicht geschmiert. Vertreterinnen und Vertreter der Oper sprachen von einer „impulsiven Reaktion“ und suspendierten den Direktor mit sofortiger Wirkung. Auch das Haus darf er nicht mehr betreten.
So sollen die Ballett- und Staatstheaterensembles vor weiterem Schaden geschützt werden. Man habe den Ballettdirektor aufgefordert, sich in den nächsten Tagen umfassend zu entschuldigen und der Theaterleitung gegenüber zu erklären, hieß es seitens der Oper. „Die Staatsoper Hannover ist ein offener Ort des respektvollen Miteinanders und Austausches, und wir bedauern sehr, dass unser Publikum durch diesen Vorfall gestört wurde“, sagte Intendantin Laura Berman.
Zuerst verbale Attacke
Was war genau geschehen? Die „FAZ“-Tanzkritikerin Hüster sah sich am Samstagabend die Ballettpremiere von „Glaube-Liebe-Hoffnung“ in Hannover an. In der Pause soll sie der Chefchoreograf und Direktor des Staatsballetts zunächst verbal attackiert haben. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtete online, dass Goecke Hüster gefragt habe, was sie in der Premiere zu suchen hätte. Er kannte die Kritikerin nicht persönlich, könnte sich aber durch eine ihrer vergangenen Rezensionen zu einem seiner Stücke provoziert gefühlt haben. Er habe ihr vorgeworfen, für Abonnementskündigungen verantwortlich zu sein.
Goecke sei immer aufbrausender geworden und habe Hüster schließlich auch physisch attackiert. Er zog eine Papiertüte mit Hundekot hervor und schleuderte ihn der Frau ins Gesicht. Anschließend habe er ungehindert durch das dicht besuchte Foyer verschwinden können, heißt es. Die 57-jährige Kritikerin erstattete nach der Attacke Anzeige. Laut einer Polizeisprecherin wird nun wegen Körperverletzung und Beleidigung gegen den Ballettdirektor ermittelt. Derzeit stünden die Aussagen von Zeuginnen und Zeugen im Mittelpunkt.
Goecke: Person und Werk über Jahre beschmutzt
Sowohl die „FAZ“ als auch Goecke äußerten sich bereits zu dem Angriff. Goecke meinte in einem Interview mit dem NDR Niedersachsen, dass seine Person, sein Werk und Geschäft über Jahre beschmutzt worden seien. „Ich denke, dass die Wahl der Mittel nicht super war, absolut“, gab er jedoch zu. Sein Handeln sei auch gesellschaftlich „bestimmt nicht anerkannt oder respektiert.“ Der 50-Jährige wurde mit sofortiger Wirkung suspendiert und hat bis auf Weiteres Hausverbot.
Die „FAZ“ schrieb von einer „Attacke auf die Pressefreiheit“: „Aber wir, das Feuilleton dieser Zeitung, werten den demütigenden Akt über den Tatbestand der Körperverletzung hinaus auch als einen Einschüchterungsversuch gegenüber unserer freien, kritischen Kunstbetrachtung. Goeckes Grenzüberschreitung offenbart das gestörte Verhältnis eines Kunstschaffenden zur Kritik.“ Das bewusste Herabsetzen und Erniedrigen werde sehr ernst genommen.
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