Es gibt Momente im Leben, die alles verändern. Einen solchen Moment hatte auch Sonja Amann zu verkraften. Als ihr Ehemann an Corona erkrankte und im Koma lag, spendeten musikalische Erinnerungen Trost und Linderung.
Die gebürtige Hohenemserin war seit zehn Jahren mit Andi verheiratet. Gemeinsam hatten sie sich im Waldviertel ein Kleinod namens „Rosen-Hof“ geschaffen. Doch das Coronavirus sollte ihrem Glück ein jähes Ende bereiten. Das Paar erkrankte im Herbst 2020. Sonja wurde wieder gesund, aber Andis Zustand verschlechterte sich innerhalb kurzer Zeit dermaßen, dass er in einen Tiefschlaf versetzt werden musste. „Ich bin rotiert. Einerseits, weil ich nicht wusste, ob er überlebt. Anderseits, weil ich ihn wegen der Covid-Maßnahmen nicht besuchen durfte.“
Musik und ihre positive Wirkung auf die Gesundheit
Doch Sonja Amann ist seit jeher eine Macherin und zählt nicht zu jenen, die ihr Schicksal stoisch erdulden. Also suchte sie nach Möglichkeiten, wie sie mit ihrem geliebten Mann in Kontakt treten könnte - „auch weil mich die damaligen Bilder von einsam sterbenden Menschen so schockiert haben.“ Dann der Geistesblitz: Warum nicht über das Medium Musik eine Verbindung aufbauen? „Die Musik hat in unserem Leben immer eine große Rolle gespielt, zudem hatte ich auch davon gehört, dass sie gut für Komapatienten ist.“
Die Möglichkeit, für ihn etwas tun zu können, löste bei mir ein intensives Gefühl der Nähe und Verbundenheit aus.
Sonja Amann über den Weg aus der Ohnmacht
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass das Gehör selbst im Tiefschlaf aktiv ist, was auch erklärt, warum Komapatienten nach dem Aufwachen immer wieder davon berichten, dass sie sich an bestimmte Geräusche erinnern können. Nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten griff Sonja abermals zum Hörer und kontaktierte einen befreundeten Tontechniker, den sie bei ihrem Vorhaben um Hilfe bat. „Ein paar Tage später saß ich auch schon im Tonstudio und sprach Texte mit Erlebnissen von mir und Andi aufs Band.“
Eine enge Verbundenheit
Der Fachmann unterlegte die Erzählungen mit der Lieblingsmusik ihres Mannes. „Ich habe schon bei der Aufnahme gemerkt, dass das etwas ganz Wertvolles ist. Und vor allem konnte ich so der Hilflosigkeit entkommen und etwas für ihn tun.“ Ein Audio-File kam zu ihrem Andi ins Krankenhaus, wo er die Aufnahmen via Kopfhörer vorgespielt bekam. Eine zweite Aufnahme nahm Sonja mit nach Hause. „Natürlich kamen mir beim Anhören die Tränen, doch weit stärker war das Gefühl einer engen Verbundenheit.“
„Ein paar Glücksmomente“
Kurz darauf verstarb Andi leider im Krankenhaus. Neben vielen schönen Erinnerungen ist Sonja die Überzeugung geblieben, dass man mit Menschen im Tiefschlaf akustisch in Kontakt treten kann - was ihr auch vom Pflegepersonal bestätigt wurde. Daher rief sie das Projekt „Together. Audio“ ins Leben, um Angehörigen von Komapatienten oder Demenzkranken dabei zu helfen, in einer Situation der Ohnmacht eine Verbindung zu einem geliebten Menschen aufzubauen. „Es ist kein Heilmittel, aber eine Unterstützung, die ein paar Glücksmomente schenken kann.“
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