Update: Urteil ist da

Vor Gericht gaben Zahnärzte Fehlbehandlungen zu

Oberösterreich
16.02.2023 16:53

Schuldig: Jene zwei Zahnärzte und Brüder, die am Donnerstag in Steyr wegen des Verdachts des schweren gewerbsmäßigen Betrugs und der fahrlässigen Körperverletzung vor Gericht saßen, wurden im Sinne der Anklage verurteilt - nicht rechtskräfig. Der Erstangeklagte soll Sozialversicherungen sowie rund 150 Patienten betrogen und einen Schaden von rund 300.000 Euro angerichtet haben. 25 Patienten erlitten nach Fehlbehandlungen Gesundheitsprobleme. Der mitangeklagte Bruder soll in 16 Fällen gepfuscht haben. Beide waren großteils geständig.

Der Hauptangeklagte, ein deutsch-syrischer Staatsangehöriger, hatte 2013 als Wahlarzt in Oberösterreich eine Ordination eröffnet. Ab dann habe er laut Anklage mindestens 150 Patienten hochwertige Kronen zugesagt, die sich jedoch als Provisorien entpuppten. In 113 Fällen stellte er offenbar zudem Behandlungen in Rechnung, die er nie durchgeführt haben dürfte. Weiters soll es bei 14 von 25 unfachgemäß behandelten Patienten zu schweren Komplikationen gekommen sein. Der ebenfalls vor Gericht stehende Bruder, der ab 2016 in einer Kassenordination mit dem Hauptangeklagten arbeitete, soll in 16 Fällen Patienten gesundheitlich geschädigt haben.

„Gravierende Fehlbehandlung“
2018 war eine erste mutmaßliche Fehlbehandlung bekannt geworden. Eine Patientin hatte in entzündetes Gewebe ein Zahnimplantat erhalten. Gesetzt wurde diese vom Zweitangeklagten in der Privatordination des Bruders. Diese „gravierende Fehlbehandlung“ führte dazu, dass die Patientin in Linz im Krankenhaus operiert werden musste, führte die Staatsanwältin aus. Es habe eine beginnende Sepsis vorgelegen. Die Patientin erlitt eine Nervenschädigung einer Gesichtshälfte - ein „bleibender Schaden“.

Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass besagte „Fehlbehandlung kein Einzelfall“ gewesen sei, unterstrich die Anklagebehörde. Nach viereinhalb Jahren Ermittlungsarbeit war die Liste der mutmaßlichen Verfehlungen fertig.

„Nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“
Auch wenn beide Mandanten grundsätzlich die Verantwortung bezüglich der fahrlässigen Körperverletzung übernehmen, hätten sie „nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“, erklärte der Verteidiger. Den Vorwurf, er habe minderwertige Kronen eingesetzt, tatsächlich aber teurere in Rechnung gestellt, wollte der 46-jährige Hauptangeklagte so nicht stehen lassen. Er habe Langzeitprovisorien aus einem Kunststoff-Keramik-Gemisch, die besser seien als „spröde werdende Keramikkronen“ verarbeitet. Darüber habe er auch die Patienten mündlich aufgeklärt, versicherte er.

„Über meine Verhältnisse gelebt“
Zugeben hat er indes, den Sozialversicherungen nicht erbrachte Leistungen verrechnet zu haben. Mit den beiden Ordinationen „habe ich über meine Verhältnisse gelebt, bin dann leider Gottes zu den Fehlberechnungen gekommen, ohne nachzudenken, dass dies auch meine eigene Zukunft ruinieren wird“, nannte er vor Gericht als Motiv. Er „bereue zutiefst, die Kassen betrogen“ zu haben. 2018 habe er beim „Finanzamt 140.000 Euro Schulden“ gehabt.

Nur dem Richter geantwortet
Auch sein zehn Jahre älterer Bruder bekannte sich schuldig - der „grob fahrlässigen Körperverletzung mit zum Teil schweren Folgen“. Auf die entsprechende Nachfrage des Vorsitzenden Richters des Schöffensenats antwortete er kurz mit „Ja“. Auf Fragen der Staatsanwältin, Schöffen und Rechtsvertretern von Opfern, die sich als Privatbeteiligte mit Schadenersatzforderungen im sechsstelligen Bereich dem Verfahren angeschlossen haben, verweigerte er ebenso wie sein Bruder von vornherein eine Beantwortung.

Das Urteil
Dre Erstangeklagte wurde wegen des Vergehens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges und derVergehen der fahrlässigen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten und zu 6000 Euro verurteilt. Sein Bruder wegen der Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten und 3600 Euro Geldstrafe verurteilt. Die Haftstrafen wurden für eine Dauer von drei Jahren zur Probe als bedingt ausgesprochen. Die Angeklagten, bzw. ihr Anwalt Klaus Ainedter, erbaten Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Die Opfer des Erstangeklagten wurden wegen eines anhängigen Insolvenzverfahrens auf den Zivilrechtsweg verwiesen, die Opfer seines Bruders bekamen geringfügige Schadenersatzbeträge zugesprochen.

Porträt von OÖ-Krone
OÖ-Krone
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