Russische Gehirnwäsche
Patriotisch in den Krieg: „Cool, jung zu sterben“
In Russland kursieren wieder Gerüchte über eine zweite Mobilisierungswelle, auch eine Generalmobilmachung wird nicht ausgeschlossen. Und damit die Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen, steigt, wird auf allen Ebenen manipuliert. Ein beliebtes Instrument dafür ist das Fernsehen im Land.
„Die heutigen (russischen - Anm. d. Red.) Ideologen treiben die Idee voran, dass man für das Vaterland sterben müsse - statt für das Vaterland zu leben. Lassen wir uns nicht wieder von unserem Fernseher täuschen“, hatte der Chefredakteur der „Nowaja Gaseta“ bei seiner Nobelpreisrede im Dezember 2021 an die Zuhörer gerichtet.
Zweieinhalb Monate später begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Idee, dass man sich für seine Heimat „opfern“ müsse, habe dann gleich die Fernsehpropaganda aufgegriffen. Mittlerweile ist es ein Trend. Eine Linie. Und das höchste Ziel.
Von der „Ehre“, sich zu opfern
Oft wird die Propaganda so unter die Massen gebracht: In einem gut belichteten Fernsehstudio diskutieren Menschen im Rentenalter - die die Mobilisierungswelle wohl nicht mehr treffen wird - über den frühen Heldentod. „Das Leben wird stark überbewertet. Warum sollte man das Unumgängliche fürchten? Und außerdem kommen sie ohnehin in den Himmel. Der Tod ist das Ende des irdischen Weges und der Beginn eines anderen“, verkündete zuletzt etwa der bekannte TV-Hetzer und Putin-Freund Wladimir Solowjow im Sender Rossija 1. Ein Experte antwortete ihm prompt: „30 Jahre lang haben wir in den Tag hineingelebt. Aber jetzt haben wir einen Traum. Jetzt wissen wir in Wahrheit, wofür wir leben.“
Der Mythos vom „verdorbenen“ Westen
Dabei wird darauf hingewiesen, dass viele Menschen das nicht verstehen würden - gäbe es doch für sie nichts Größeres, als sich mit Essen „vollzustopfen“, bis zur Leberzirrhose zu betrinken, in einem schönen Landhaus den Löffel abzugeben und auf „kleine Diamanten zu kacken“. Ein gängiger Tenor der russischen Propaganda ist es, den Westen als zu „weich“, verkommen und verschwenderisch darzustellen. Auch Kreml-Sprecher Dmitri Peskow meinte, sich besonders patriotisch äußern zu müssen.
So, wie unser Volk lieben, Freunde finden und sterben kann … Das gibt es kein zweites Mal. Vor allem in so großer Zahl.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow
Und auch der orthodoxe Oligarch Konstantin Malofejew musste im TV seinen Senf dazugeben. Für ihn gibt es demnach eine ganz einfache Unterscheidung zwischen einem Patrioten und einem „Nicht-Patrioten“. Ein Patriot sei jemand, der für sein Heimatland sterben würde. Und wenn ein Mensch nicht dazu bereit sei, sei er eben keiner.
Adrett gekleidet und frisiert philosophierte die bekannte TV-Propagandistin Margarita Simonjan gar, dass ein früher Tod keinen so großen Unterschied mache. Ob man heute, in zehn oder etwa in 20 Jahren unter die Erde komme, sei schließlich aus Sicht des Universums unbedeutend.
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