Scholz erhöht Druck:
„Jeder, der Panzer liefern kann, soll es auch tun“
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat zum Auftakt der 59. Münchner Sicherheitskonferenz Deutschlands Partner dazu gedrängt, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern. Er werde auch in München „intensiv“ dafür werben, „dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun“, sagte Scholz am Freitag in seiner Rede. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj riefen zu weiteren Waffenlieferungen auf.
Deutschland hatte Ende Jänner als Ziel ausgegeben, der Ukraine ein ganzes Bataillon mit 30 bis 31 Kampfpanzern zur Verfügung zu stellen. 14 davon sollen aus Beständen der deutschen Bundeswehr kommen, für die restlichen Panzer wartet Berlin auf Zusagen der Verbündeten. Scholz sagte dazu in seiner Rede, Deutschland werde dazu beitragen, „unseren Partnern diese Entscheidung zu erleichtern“, etwa durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten, oder durch Unterstützung bei Nachschub und Logistik.
„Vermeidung einer ungewollten Eskalation“
Scholz betonte erneut, dass jeder neue Schritt der Waffenhilfe mit den Partnern abgesprochen sein müsse. „Die Balance zwischen bestmöglicher Unterstützung der Ukraine und der Vermeidung einer ungewollten Eskalation werden wir auch weiterhin wahren.“ Er sei froh und dankbar, dass US-Präsident Joe Biden und viele andere Verbündete dies genauso sähen.
Der deutsche Kanzler verteidigte die Panzerlieferungen an die Ukraine gegenüber Bedenken aus Deutschland. Es seien „nicht unsere Waffenlieferungen“, die den Krieg verlängerten. Je früher der russische Präsident Wladimir Putin einsehe, „dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen“, sagte Scholz. Er stellte aber auch klar, dass er nicht mit einem schnellen Ende des Krieges rechnet. Daher sei es auch wichtig, dass die Verbündeten bereit seien, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen.
Selenskyj rechnet mit Kriegsende noch heuer
Zuvor hatte Selenskyj in seiner Videoansprache erklärt, er rechne mit einem Kriegsende im Jahr 2023: „Goliath hat schon angefangen zu verlieren. Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen“, sagte der ukrainische Präsident. Er verglich sein Land mit dem biblischen David, der sich gegen einen russischen Goliath wehren müsse. Es gebe „keine Alternative zu unserem Sieg“, sagte Selenskyj, der den Westen zu einer größeren Geschwindigkeit bei der Lieferung von Waffen und der Unterstützung seines Landes aufforderte.
Auch der französische Präsident Emmanuel Macron machte vor dem Plenum deutlich, dass Russland den Krieg nicht gewinnen dürfe. „Der russische Angriff muss scheitern“, sagte Macron. Dazu sei eine dauerhafte Unterstützung der Ukraine erforderlich. Die Lieferung von Waffen müsse intensiviert und die ukrainischen Streitkräfte müssten in die Lage versetzt werden, eine Gegenoffensive zu starten.
NATO-Chef: „Sieg in der Ukraine weiter möglich“
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte am Rande der Konferenz, er halte einen Sieg der Ukraine weiter für möglich. „Ja, das ist der Grund, warum wir sie unterstützen“, entgegnete er auf eine entsprechende Frage. Der Krieg werde möglicherweise am Verhandlungstisch enden, aber man wisse, dass das Geschehen am Verhandlungstisch vollkommen von der Stärke auf dem Schlachtfeld abhängig sei. Auch er drängte die Länder der westlichen Allianz zu weiteren Zusagen für Kampfpanzerlieferungen.
Hauptthemen bei der bis Sonntag dauernden Konferenz werden neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch der Iran, China und die Zukunft der internationalen Ordnung allgemein sein.
Russische Regierungsvertreter fehlen erneut
Am diesjährigen Treffen in München nehmen mehr als 150 hochrangige Regierungsvertreter teil - unter ihnen neben dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz auch der französische Präsident Emmanuel Macron und US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Auch Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi ist in München zu Gast. Er soll am Freitag am Rande der Konferenz mit Kanzler Scholz zusammentreffen.
Russische Regierungsvertreter fehlen bereits das zweite Jahr infolge. Nachdem der Kreml im vergangenen Jahr, kurz vor der russischen Invasion der Ukraine, jegliche Einladung zu dem Treffen ausgeschlagen hatte, erging diesmal keine Einladung nach Moskau.
Schallenberg und Edtstadler vor Ort
Die österreichische Regierung ist in München durch Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler vertreten. Schallenberg nutzt seinen Aufenthalt in München am Freitag für ein erstes Treffen mit seinem neuen bosnischen Amtskollegen Elmedin Konakovic. Für Samstag ist ein Gespräch mit dem chinesischen Außenpolitik-Chef Wang Yi angesetzt. Edtstadler spricht unter anderem mit der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja.
Schallenberg und Edtstadler sehen Österreich mit seinem Festhalten an der militärischen Neutralität im Ukraine-Krieg nicht unter Druck. „Ich habe nie Anfragen bekommen, wir sollen Waffen liefern“, sagte Schallenberg am Freitag am Rande der Konferenz. „Es wird anerkannt, dass wir unglaublich viel leisten in anderen Bereichen“, ergänzte Edtstadler mit Blick auf die humanitäre Hilfe.
Die Münchner Sicherheitskonferenz findet seit 1963 statt. Neben den öffentlichen Diskussionen und Reden ist sie nicht zuletzt für ihre sogenannten Hinterzimmertreffen im Bayerischen Hof bekannt, wo sich Politiker in inoffiziellen Gesprächen austauschen können.
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