Handys und Festplatten voll von abscheulichen Bildern - Kinder als Opfer. Solche Daten muss ein Team rund um Manuela Müllner laufend analysieren. Ein Knochenjob für die Ermittler.
Florian Teichtmeister. Sein Handy und seine 58.000 Bilder von Kindern darauf. Der (Schauspiel-)Vorhang ist bei ihm gefallen. Doch so pietätlos das auch klingen mag: Der 43-Jährige ist nur ein „kleiner Fisch“ im Kinderporno-Sumpf. Da war ein Beamter (öffentlicher Dienst) mit eineinhalb Millionen Bildern auf seiner Festplatte, die nächste mit 3,2 Terabyte (mehr als 2,2 Millionen Standard-Disketten!).
Womit Manuela Müllner tagtäglich in ihrem Job als Präventionsbeamtin der Wiener Polizei kämpfen muss, ist sexueller Missbrauch und körperliche Gewalt an Kindern. Sie hat hellwache, strahlend grüne Augen. Augen, in denen sich aber auch die Fälle von Tausenden Opfern widerspiegeln. Zehn Jahre lang ist Müllner bereits im Bereich Kinderschutz tätig. Mehr als tausend Kinder hat sie vernommen - manche erst drei oder vier, andere schon fünfzehn Jahre alt. „Der sexuelle Missbrauch ist leider Alltag“, sagt Müllner.
Detailfragen zur Tat anfangs tabu
Im „Krone“-Gespräch redet sie über ihren unfassbaren Berufsalltag: Den „schmierigen, ekelhaften Täter“ gebe es selten. „Das ist nicht die Realität. Viele Kinder mögen den Missbraucher, haben den lieb.“ Den Vater, Stiefvater, Onkel, Freund der Mama. Um das „Opfer“ zum Reden zu ermutigen, bedarf es einer besonderen Umgebung. Kein Vernehmungsraum, sondern eine Wohnung. Farbenfroh, hell, voller Spielsachen.
Detailfragen zur Tat sind anfangs tabu. „Das Gespräch startet mit einer offenen Frage“, so Müllner. Aus den meisten Opfern sprudeln die Worte dann nur so. „Zuerst sind die Kinder erleichtert, danach folgt die tiefe Krise.“ Besonders bei langjährigem Missbrauch zerstöre die Konfrontation mit dem Verbrechen die Realität des Kindes. „Dann müssen wir sehr detaillierte Fragen stellen. Quasi: Wer hat wen wie penetriert und wie oft. Zwischendurch ermutigen wir die Kinder irrsinnig viel - ,Du machst das toll. Du kannst stolz sein, dass du das erzählst.‘“ Lügenkonstrukte (oft in Scheidungsfällen der Eltern ) können die kleinen Opfer nicht aufrechterhalten.
Anzeigen binnen zehn Jahren mehr als verdreifacht
Die Schicksale der Kinder begleiteten Müllner bis nach Hause. Ja, sie macht Therapien. Jürgen Ungerböck, Chefermittler im Bundeskriminalamt, lässt das Gesehene und Geschehene hinter sich, sobald er durch das Drehkreuz des Bundeskriminalamts geht. Seit 15 Jahren beschäftigt sich der 49-Jährige mit den abscheulichen Taten an Kindern. Er spürt mit seinem Team Täter auf, hilft den Opfern. „Irgendwann sehe ich das missbrauchte Kind nicht mehr. Nur das Kind, das ich identifizieren will.“
Ein Knochenjob, der von Jahr zu Jahr mehr Arbeit mit sich bringt: Ein kleiner Auszug aus der nüchternen Statistik: 572 Anzeigen wegen „Pornografischer Darstellung Minderjähriger“ gab es 2012 - im vergangenen Jahr waren es 1921! Die Menge der Videos ist mit der Technik gewachsen. Ungerböck: „Es ist mittlerweile wie ,Coffee to go‘“ - das Smartphone der negative Gamechanger! Die beiden Ermittler sind sich jedenfalls einig: „Es gibt Täter einfach überall. Es ist unfassbar, wozu die Menschen fähig sind.“
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