Moderationen im politischen Umfeld und bei Kammern wurden nach dem Wirbel in Niederösterreich vom obersten ORF-Boss verboten. In Tirol nimmt man das gelassen. Veranstaltungen der Wirtschaftskammer etwa seien nicht beeinträchtigt. Man greife weiterhin primär auf eigenes Personal zurück.
Heftiger Kritik sah sich der ORF in der Vergangenheit ausgesetzt. Zuletzt stand der ehemalige Landesdirektor in Niederösterreich, Robert Ziegler, unter Beschuss. Ihm werden mögliche Interventionen zugunsten der ÖVP vorgeworfen. Noch vor dem Bericht der internen Untersuchungskommission trat er zurück.
Chats mit Ex-Vizekanzler wurden zum Verhängnis
Seinen Hut nahm im Vorjahr auch der gebürtige Tiroler und News-Chefredakteur Matthias Schrom. Chats mit Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), in denen es um eine neue Ausrichtung des ORF ging, wurden ihm zum Verhängnis. Auch sein Rücktritt erfolgte „freiwillig“ und noch vor dem Vorliegen eines Berichtes. Indes dreht sich die aktuelle Debatte um die Reform der GIS-Gebühr.
Die Anweisung des Generaldirektors Roland Weißmann entspricht genau jener Linie, die wir in Tirol verfolgen.
Esther Mitterstieler
Verbot bei Regierungen, Ministerien und Kammern
Ziegler moderierte auch immer wieder Veranstaltungen von ÖVP-nahen Interessenvertretungen sowie der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Unter Journalisten bzw. Moderatorinnen und Moderatoren des ORF eine gängige Praxis, um sich ein Zubrot zu verdienen. Bis vor Kurzem! Denn ORF-Generaldirektor Roland Weißmann belegte die „Stars“ mit einem Auftrittsverbot, das vor allem bei Bundes- und Landesregierungen, Ministerien sowie der Wirtschafts- und Arbeitskammer gilt.
Davon betroffen sind auch die Kolleginnen und Kollegen im ORF Tirol. Wie sieht man dort das Verbot?
Tiroler ORF-„Stars“ nehmen Verbot gelassen
„Die Anweisung des Generaldirektors Roland Weißmann entspricht genau jener Linie, die wir in Tirol verfolgen. Nebentätigkeiten, die in der Öffentlichkeit den Zweifel mangelnder Unabhängigkeit erwecken könnten, sind abzulehnen“, sagt Landesdirektorin Esther Mitterstieler gegenüber der „Tiroler Krone“. Ähnlich sehen das auch die Journalisten bzw. Moderatorinnen und Moderatoren wie etwa Sybille Brunner, Katharina Kramer, Georg Laich, Martin Papst und Co., versichert die Tiroler ORF-Chefin.
Eine konkrete Zahl, wie oft Moderationstätigkeiten außer Haus stattfinden, nennt Mitterstieler nicht. Sie spricht stattdessen von „sporadisch und in unregelmäßigen Abständen“.
„Professioneller Umgang bei Verhältnis zur Politik“
Und wie sieht bezugnehmend auf die Causa Matthias Schrom und Robert Ziegler das Verhältnis zwischen dem ORF Tirol und Tirols Politikern aus? „Das Verhältnis entspricht einem professionellen Umgang, wobei das Redaktionsstatut jederzeit eingehalten wird“, versichert Mitterstieler.
Übrigens würden die Nebenbetätigungen der Belegschaft des ORF Tirol nicht generell ausgesetzt, sondern nur „reduziert“.
Das Verbot wird die Qualität unserer Veranstaltungen nicht beeinträchtigen und wir werden weiterhin primär auf unsere eigenen Mitarbeiter zurückgreifen.
Peter Sidon
WK griff auf „Handvoll“ von Moderatoren zurück
Was sagt die Tiroler Wirtschaftskammer dazu? „Wir richten mehr als 200 größere bis große Veranstaltungen pro Jahr aus. Zuletzt hatten wir bei einer Handvoll Unterstützung durch engagierte und kompetente ORF-Moderatoren“, rechnet Peter Sidon, der Leiter der Abteilung für Marketing und Kommunikation, vor.
Das Verbot durch Weißmann werde „die Qualität unserer Veranstaltungen nicht beeinträchtigen und wir werden weiterhin primär auf unsere eigenen Mitarbeiter zurückgreifen“. Wie hoch das Honorar für die Moderationen war, verrät Sidon indes nicht. Es sei jedoch „branchenüblich“ gewesen.
„Krone“-Kommentar: Spät, aber doch!
Es gab auch in Tirol einmal eine Zeit - die Rede ist schon von vielen Jahren -, da war es üblich, dass man einer Veranstaltung quasi das Sahnehäubchen aufsetzte, indem der Moderator über einen dementsprechenden Namen verfügte. Manchmal hatte man sogar das Gefühl, dass versucht wurde, eher inhaltsschwache Themen durch genau jene Dame oder jenen Herren „aufzumotzen“. Dass deren Bekanntheit sozusagen als Zugpferd für mehr Besucher dienen sollte.
Bevorzugt waren das damals bekannte Moderatoren aus dem ORF Landesstudio Tirol, die man von Sendungen wie etwa „Tirol heute“ kannte, schätzte, ja zum Teil verehrte (warum auch immer). Dementsprechend war natürlich auch die Gage, die diese aus dem Fernsehen bekannten Gesichter verlangten bzw. die man ihnen gerne bezahlte.
Dass es eigentlich auch damals schon ein Konflikt- bzw. Unvereinbarkeitspotenzial gab, wenn einer dieser „ORF-Stars“ frank und frei etwa eine Veranstaltung der Wirtschaftskammer Tirol moderierte, darüber wurde intern und extern großzügigst hinweggesehen. Von den in ihrem Hauptjob oft sehr pingelig und abgehoben agierenden Redakteuren ebenso wie auch von deren damaligen Chefs - aber die moderierten möglicherweise selbst. Das Motto lautete wohl: Wo kein Kläger, da auch kein Richter. Aber, so wie sich die Zeiten (leider vielfach zum Unguten) geändert haben, hat auch diese „Praxis“ nun wohl so gut wie ausgedient. Möglich, dass es dazu aber zuerst den „Fall Ziegler“ brauchte.
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