Kolumne

Das Armband des Antoine de Saint-Exupéry

Vorarlberg
18.02.2023 17:25

Mit „Der kleine Prinz“ hat sich Antoine de Saint-Exupéry literarisch verewigt. Über sein Leben und - vor allem - über seinen Tod ranken sich viele Mythen. „Krone“-Kolumnist Robert Schneider hat sich auf Spurensuche begeben.

Am 7. September 1998 fiel dem Fischer Jean-Claude Bianco an der Küste vor Marseille etwas seltsam Glänzendes in die Hände als er sein Netz leerte. Er betrachtete den Gegenstand, entdeckte eingravierte Buchstaben, entzifferte einen Namen: Antoine. Als er mit den Fingern weiterkratzte, kam der Nachname zum Vorschein: de Saint-Exupéry. Die Nachricht verbreitet sich in Windeseile, war so unglaublich, dass man den Fischer für einen Lügner hielt. Die Absturzstelle von Saint-Exupérys Flugzeug war nicht in den französischen Alpen bei Grenoble, wie jahrzehntelang angenommen worden war, sondern wenige Kilometer von Marseille entfernt.

Mit dem Fund des silbernen Armbands begann eine Forschungsgeschichte, die sich wie ein Krimi liest. In Marseille gab es einen Mann, der dem Fischer glaubte. Luc Vanrell, ein Profitaucher und Hobbyarchäologe. Er forschte ein Foto aus, auf dem Saint-Exupéry solch ein Armband trägt, wenngleich nur verschwommen zu erkennen. Die Idee, das Grab des Vaters des „Kleinen Prinzen“ zu finden, ließ Vanrell nicht mehr los. Er setzte seine gesamten Ersparnisse ein, verpfändete gar seine Wohnung, um das Wrack aufzuspüren.

Der Meeresgrund glich an der Stelle, wo der Fischer das Armband heraufgefischt hatte, einem Flugzeugfriedhof. Bei der Luftschlacht um Marseille, Ende 1943, stürzten Hunderte von Maschinen ins Meer. Dem Taucher bot sich ein chaotisches Bild. Er wusste nicht, wonach er in dem Trümmerfeld suchen sollte. Er wandte sich an den Flugzeugexperten Philippe Castellano, der ihm den Hinweis gab, nach dem Turbo-Kompressor zu suchen, den es nur an der Lightning P38 gab, jenem Flugzeug, das der Dichter geflogen hatte. Wie durch ein Wunder entdeckte Vanrell das fehlende Teil. Der finale Beweis konnte aber nur durch eine bestimmte Seriennummer erbracht werden. Doch die Erben des Dichters untersagten, die Wrackteile zu heben. Im Herbst 2003 konnten die Forscher endlich die Lightning bergen, und sie stießen auf die gesuchte Seriennummer „2734“.

„Mein Körper wird hier bleiben wie eine alte, verlassene Hülle. Man muss nicht traurig sein wegen solch alter Hüllen“, schrieb Saint-Exupéry am Ende seines „Kleinen Prinzen“, der schönsten Geschichte, die jemals erzählt worden ist.

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