Frau erlitt Martyrium

Nach verpfuschter OP: Chirurg ordiniert weiter

Steiermark
19.02.2023 08:00

Eine Steirerin musste nach einer misslungenen Fettabsaugung 32-mal operiert werden. Kein Einzelfall. Der verurteilte und mit Berufsverbot belegte Arzt bietet dennoch weiter seine Dienste an.

Als die „Krone“ im Oktober 2021 das Martyrium der Weststeirerin publik machte, löste das eine Welle des Mitgefühls aus. Viele konnten es kaum glauben, was der Frau bei einer Fettabsaugung im niederösterreichischen Gumpoldskirchen widerfahren war. Zehnmal durchlöcherte ein prominenter steirischer Chirurg ihren Dünndarm. Wegen schwerer Körperverletzung wurde der Mediziner damals zu einer fünfstelligen Geldstrafe verurteilt.

Ende letzten Jahres musste sich der Mann am Landesgericht Wiener Neustadt neuerlich wegen einer missglückten Fettabsaugung verantworten - und wurde wieder (noch nicht rechtskräftig) verurteilt. „In Bedachtnahme auf seine erste Verurteilung wurde nun als Zusatzstrafe eine bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten bei einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochen“, erklärt Gerichts-Sprecher Hans Barwitzius.

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Es gibt Tage, wo ich nur weine, wenn ich daran denke, dass ich wieder ins Krankenhaus muss.

Teresa M.

33. Operation steht bevor
Teresa M. (Name von der Redaktion geändert), das erste „Opfer“ des Chirurgen, kann sich von dessen neuerlicher Verurteilung nichts kaufen, sie verspürt auch keine Genugtuung. Vielmehr beschäftigt sie die Tatsache, dass sie Anfang März wieder ins Spital und sich nach 32 Operationen dem nächsten Eingriff unterziehen muss. „Es gibt Tage, wo ich nur weine, wenn ich daran denke, dass ich wieder ins Krankenhaus muss, wieder auf der Intensivstation aufwachen werde.“

Allein im Vorjahr verbrachte sie zweieinhalb Monate im Spital, sieben Wochen davon auf der Intensivstation. In einer Art Sisyphos-Arbeit versuchen die Mediziner im LKH Graz ihre Bauchdecke zu rekonstruieren. „Zunächst wurde das mit einem Teil des Oberschenkelmuskels versucht, jetzt wird mir ein Stück des Rückenmuskels herausgenommen und vorne eingepflanzt“, erzählt die Steirerin, die ihren Lebensmut trotz allem nie verloren hat. „Man wird demütig und lernt, das Beste aus der Situation zu machen. Ich will mich halt nicht einsperren, dafür lebe ich viel zu gern.“

Rechtsanwalt Wolfgang Sieder aus Deutschlandsberg (Bild: Alexandra Hütter)
Rechtsanwalt Wolfgang Sieder aus Deutschlandsberg

Anwalt Wolfgang Sieder vertritt die Weststeirerin auch bei mehreren zivilrechtlichen Prozessen - einen derartigen „Pfusch“ hat er noch nicht erlebt. „Es kann immer etwas passieren, aber das ist unglaublich. Meine Mandantin muss froh sein, überhaupt noch am Leben zu sein.“ Sieder vertrat auch eine zweite Steirerin (erfolgreich) vor Gericht. „Beide Damen sind aber für den Rest ihres Lebens gezeichnet.“

Mit Berufsverbot belegt
Mittlerweile beschäftigen die Kunstfehler des Schönheitschirurgen längst nicht nur die Gerichte dies- und jenseits des Semmerings. Auch in den Gremien der Ärztekammer schrillen bei seinem Namen längst die Alarmglocken.

Die steirische Ärztekammer (Bild: Christian Jauschowetz)
Die steirische Ärztekammer

„Der Herr wurde vor etwa einem Jahr von der Ärzteliste gestrichen und darf daher in Österreich derzeit nicht als Mediziner tätig sein“, heißt es etwa von der Ärztekammer Niederösterreich. „Was er außerhalb von Österreich tut, entzieht sich unserer Kenntnis - und wir haben auch keinen Einfluss darauf“, ergänzt man in der steirischen Kammer.

Nun auf dem Balkan aktiv?
Denn schaut man auf die Internetseite des Arztes, bewirbt dieser dort unter anderem „Beauty-Reisen“ nach Nordmazedonien. Seine „All-inclusive OP-Pakete“ gehen von einem Erstgespräch über „VIP-Transfer“ vom Flughafen zum Hotel und zur Klinik bis hin zu Eingriffen selbst. Eine „Krone“-Anfrage bei der Privatklinik blieb unbeantwortet.

Der Chirurg selbst wollte sich gegenüber der „Krone“ zu seinen Tätigkeiten auf dem Balkan nicht äußern. Er hielt aber fest, dass er gegen seine jüngste gerichtliche Verurteilung (siehe Bericht oben) Rechtsmittel eingelegt habe. Außerdem würden „zahlreiche Gutachten“ seine Unschuld beweisen. Genauere Informationen zu diesen „Gutachten“ blieben auf Nachfrage allerdings aus - genauso Informationen, wann und von wem sie erstellt worden sind.

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