Fast 47.000 Tote

Nach Beben: Sucheinsätze in Türkei gehen zu Ende

Ausland
19.02.2023 21:25

Die Zahl der Menschen, die in der Türkei durch das Erdbeben getötet worden sind, ist laut Katastrophenschutzbehörde auf 41.020 gestiegen. In Syrien sind bisher rund 5900 tote Menschen gezählt worden. Insgesamt sind damit in beiden Ländern fast 47.000 Menschen bei dem verheerenden Beben ums Leben gekommen. Die Türkei stellt die Suche nach Verschütteten nun fast überall ein - Überlebenschancen gibt es kaum noch (siehe Video oben).

In Syrien sind nach Angaben der Vereinten Nationen 8,8 Millionen Menschen von den Folgen der Erdbebenkatastrophe betroffen. „Die Mehrheit von ihnen benötigt voraussichtlich irgendeine Form von humanitärer Unterstützung“, schrieb die stellvertretende UNO-Syrienbeauftragte Najat Rochdi am Sonntag auf Twitter. Aktivisten und Helfer in den Rebellengebieten im Nordwesten Syriens hatten in den Tagen nach den Beben vom 6. Februar mangelnde Hilfe der UNO beklagt.

Die Katastrophe hat die Region in vielerlei Hinsicht schwer getroffen. Welche Folgen sich etwa für Schüler und den Unterricht ergeben werden, ist kaum absehbar. 600 Schulen seien allein in Syrien zerstört worden, sagte Yasmine Sherif, Direktorin des UN-Fonds Education Cannot Wait (ECW), dem TV-Sender Al Jazeera. Aus dem Fonds sollen 6,5 Mio. Euro an Notfallzuschüssen kommen, um Kindern in Syrien auch weiterhin den Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

Rettungskräfte in der Türkei machen eine Pause von der anstrengenden Suche im Schutt. In den meisten Provinzen wurden Rettungsversuche mit Sonntag beendet. (Bild: APA/AFP/BULENT KILIC)
Rettungskräfte in der Türkei machen eine Pause von der anstrengenden Suche im Schutt. In den meisten Provinzen wurden Rettungsversuche mit Sonntag beendet.

Rettungseinsätze nur noch in zwei Provinzen
Einige Rettungseinsätze vor Ort, wo auch Aufräumarbeiten begonnen haben, neigten sich über das Wochenende dem Ende entgegen. So beendete etwa ein Such- und Rettungsteam aus Katar seinen zweiwöchigen Einsatz in der Südtürkei. Der türkische Katastrophenschutz Afad gab am Sonntag bekannt, dass die Sucharbeiten in neun der elf betroffenen Provinzen beendet seien. Nur in Kahramanmaras und Hatay werde weiter nach Verschütteten gesucht, erklärte der Afad-Vorsitzende Yunus Sezer in Ankara. Überlebenschancen gibt es aufgrund der verstrichenen Zeit und dem kalten Wetter kaum noch.

Der Katastrophenschutz schätzt, dass mehr als 1,2 Millionen Menschen die betroffene Region in der Türkei verlassen haben. Über eine Million Betroffene sind derzeit vorübergehend in Unterkünften untergebracht. US-Außenminister Blinken machte sich am Sonntag zusammen mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu ein Bild von der Zerstörung in der schwer vom Erdbeben betroffenen Provinz Hatay. Außerdem wolle er auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik mit betroffenen Familien zusammenkommen, erklärte das Außenministerium.

Bei seinem Besuch sagt Blinken weitere 100 Millionen US-Dollar (rund 93 Millionen Euro) an Hilfen zu. Damit hätten die USA nun insgesamt 185 Millionen Dollar zugesagt. Die Hilfe solle den Erdbebenopfern in der Türkei und in Syrien zugute kommen, erklärte Blinken. Von dem Geld sollen Hilfsgüter wie Medikamente, Decken, Matratzen, Zelte und warme Kleidung gekauft werden. Außerdem soll damit die Versorgung mit sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen, aber auch Bildung für Kinder gewährleistet werden, hieß es.

Prekäre Versorgungslage in Syrien
In Syrien war die Lage für viele Menschen schon vor den Beben verheerend. Bombardements und Kämpfe im jahrelangen Bürgerkrieg, eine schwere Wirtschaftskrise und eine oft kaum vorhandene öffentliche Versorgung haben das Land zu einem Brennpunkt für humanitäre Helfer werden lassen. Laut UNO benötigten schon vor den Erdbeben mehr als 15 Millionen Menschen irgendeine Form von Hilfe.

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Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen.

UNO-Nothilfekoordinator Muhannad Hadi über die Folgen der Katatrophe in Syrien

Und etwa zwei Wochen nach den Beben haben im Nordwesten Syriens noch immer nicht alle Menschen Nothilfe erhalten. „Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen“, sagte der für Syrien zuständige UNO-Nothilfekoordinator, Muhannad Hadi. Bisher seien beispielsweise etwa 60.000 Menschen mit Wasser und rund 13.000 Erdbebenopfer mit Zelten versorgt worden. Nach UNO-Angaben sind derzeit aber rund 40.000 Haushalte ohne Obdach.

Bisher fuhren seit der Katastrophe mehr als 140 Lastwagen mit UNO-Hilfsgütern aus der Türkei in den von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens. Dort wurden mehr als 9000 Gebäude komplett oder teilweise zerstört, wodurch mindestens 11.000 Menschen ihr Zuhause verloren. Am dringendsten benötigten die Betroffenen laut UNO jetzt unter anderem Zelte.

Ein zerstörter Wohnblock in der Stadt Jindayris in Syrien, die von Rebellen gehalten wird. (Bild: AFP)
Ein zerstörter Wohnblock in der Stadt Jindayris in Syrien, die von Rebellen gehalten wird.

Weitere Hilfe unterwegs
Einen Tag nach der Kritik des Welternährungsprogramms WFP an verhinderten Hilfen für Erdbeben-Opfer in syrischen Rebellengebieten ist zudem auch ein Konvoi der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in die Region aufgebrochen. 14 Lkw hätten von der Türkei aus die Grenze passiert und seien auf dem Weg in die Katastrophengebiete im Nordwesten Syriens, teilte die Organisation am Sonntag mit.

Trotz zwischenzeitlich anderslautender Berichte wurde am Samstag auch der vermisste Fußball-Profi Christian Atsu tot gefunden. „Wir sind in tiefer Trauer über den Verlust von Christian Atsu“, schrieb der türkische Fußballverband auf Twitter. Der Ghanaer starb unter einem Hochhaus in der von den Erdstößen besonders schwer getroffenen Provinz Hatay.

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