Nadja Tiller ist tot. Die Wiener Schauspiel-Legende, die mit dem Film „Das Mädchen Rosemarie“ (1958) berühmt wurde, starb im Alter von 93 Jahren.
Ihre letzten Jahre hatte Tiller in Hamburg in der noblen Seniorenresidenz „Augustinum“ verbracht. Tochter Natascha Giller, die mit ihrer Familie in Griechenland lebt, bestätigte der „Bild“-Zeitung: „Meine Mutter starb heute Nacht im ,Augustinum‘ in Hamburg. Sie schlief im Beisein eines Pflegers friedlich ein.“
Tiller wünschte sich Seebestattung
Und weiter: „Sie war nicht allein, dafür sind wir als Familie sehr dankbar.“ Sie habe in der Früh die Informationen zum Tod ihrer Mutter bekommen, noch letzte Woche habe sie ihr einen Besuch abgestattet. „Mein Bruder und ich stimmen uns jetzt ab, werden in den nächsten zwei Tagen nach Hamburg fahren. Wir werden auch im Krematorium dabei sein.“
Zu einem späteren Zeitpunkt soll es auch eine Seebestattung geben - „das war der Wunsch unserer Mutter“, so Natascha Giller.
Tiller war erste „Miss Austria“
Die gebürtige Wienerin Nadja Tiller gehört zur Schauspielgarde der 1950er- und 1960er-Jahre. Lange Beine, volle, geschwungene Lippen, sinnlicher Blick, schöne Kurven - die erste gewählte „Miss Austria“. Sie konnte zugleich Vamp und Grande Dame verkörpern und spielte sich schließlich als Luxus-Callgirl Rosemarie auf die Wunschzettel der europäischen Regisseure.
Sie hätte statt Anita Ekberg im Trevi-Brunnen („La Dolce Vita“) baden, an der Seite von Marcello Mastroianni spielen („La notte“) und mit Alain Delon („Rocco und seine Brüder“) drehen können. Doch Tiller lehnte all diese Angebote ab. Sie hätten sie zum Weltstar machen können. „Ich war leider nicht klug genug und zu dumm und habe dann drei sehr berühmte Filme nicht angenommen“, sagte Tiller. Damals seien die drei Regisseure allerdings auch noch nicht so berühmt gewesen wie nach diesen Filmen. „Und letztendlich würde ich wahrscheinlich heute genauso hier sitzen - auch, wenn ich einen davon gemacht hätte.“
Die Liste ihrer Engagements kann sich dennoch sehen lassen. Sie arbeitete international, spielte an der Seite von Jean Paul Belmondo („Der Schlaufuchs“), Anita Ekberg und O. W. Fischer („El Hakim“). Besonders in Erinnerung blieb ihr ein Film aus dem Jahr 1958: „Mein Lieblingsfilm ist ohne Frage der, den ich mit Jean Gabin gemacht habe.“ („Im Mantel der Nacht“). Gabin sei ein großartiger, präziser und sehr kollegialer Schauspieler gewesen. „Er hat mir schon sehr imponiert und ich mochte ihn auch sehr gerne.“
1967 und 1968 stand Nadja Tiller zudem als Buhlschaft beim „Jedermann“ auf der Bühne bei den Salzburger Festspielen.
„Wollte ursprünglich gar nicht Schauspielerin werden“
Dabei hatte die Tochter einer Opernsängerin und eines Schauspielers als Jugendliche noch völlig andere Berufspläne. „Ich wollte ursprünglich gar nicht Schauspielerin werden.“ Ihr Herzenswunsch sei stattdessen die Ausbildung zur Friseurin gewesen. „Meine Großeltern hatten in Danzig einen Friseursalon. Das erste Haus am Platze. Der war toll und hat mir unglaublich imponiert. Ich wollte absolut nur diesen Salon. Ich wollte Friseurin lernen, um diesen Salon zu übernehmen.“ Am Ende durchkreuzte der Zweite Weltkrieg ihre Pläne. Das Geschäft wurde 1945 zerstört. Dass sie schließlich doch Schauspielerin werden wollte, habe ihren Vater begeistert. „Er war ganz glücklich, dass seine Tochter das auch werden wollte, weil er den Beruf so sehr geliebt hat.“
Besonders stolz war sie, dass sie sich auf ein Musical („Applaus“, Lübeck) eingelassen hatte, obwohl sie nicht gut singen konnte. „Da habe ich wirklich sämtliche Kräfte mobilisiert, die ich hatte. Und ich war sehr stolz, dass ich das geschafft hatte.“ Am Filmset fand sie nicht nur Ruhm und Erfüllung.
55 Jahre mit Walter Giller verheiratet
Sie fand auch ihren Walter. 1956 heiratete sie den deutschen Schauspieler Walter Giller („Die Drei von der Tankstelle“, „Rosen für den Staatsanwalt“, „Charleys Tante“). Die beiden galten als das Glamourpaar der Wirtschaftswunderzeit. 55 Jahre lang waren die beiden verheiratet, bevor er Ende 2011 wegen einer Krebserkrankung mit 84 Jahren starb. Als das Geheimnis ihrer langen Ehe bezeichneten beide viel Toleranz. Sein Appartement neben ihrem in der Seniorenresidenz an der Elbe hatte sie behalten - für Gäste. Ihr Mann sei natürlich noch immer in ihren Gedanken. „Aber er entfernt sich immer mehr. Die Zeit ist eben so.“
Nach dem Tod ihres Mannes nahm Tiller weiter Engagements an - wenn auch kleinere. 2013 nahm sie mit dem Schweizer Schauspieler Fritz Lichtenhahn, der bis zu seinem Tod ebenfalls in ihrer Seniorenresidenz wohnte, das preisgekrönte Hörspiel „Traumrollen“ auf. Darin spielen sich die beiden als zwei Bühnen- und Filmlegenden in einem Seniorenheim noch einmal durch die Theatergeschichte. Die Arbeit wurde mit dem Deutschen Hörspielpreis ausgezeichnet.
Zuletzt stand Tiller mit 87 Jahren für „My Fair Lady“ in Braunschweig noch einmal auf der Bühne. „Es war eine kleine Rolle und das hat mir großen Spaß gemacht und war eigentlich ein schöner Abschluss.“ Dann sagte sie dem Theater endgültig Adieu. „Ich habe in meinem Leben eine Menge Glück gehabt - nicht zuletzt, da ich einen besonders netten Mann hatte“, sagt die Österreicherin. „Ich bin einfach zufrieden!“
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