Bereits in naher Zukunft könnte es Impfstoffe gegen Infektionen bzw. schwere Erkrankungen durch das respiratorische Syncytial-Virus (RSV) für ältere Menschen geben. Kürzlich sind erfolgreiche Studien im New England Journal of Medicine erschienen. In einem Fall ist die Datenlage relevant für das Zulassungsverfahren.
RSV-Infektionen haben in den vergangenen Wochen und Monaten auch in Österreich zu einer großen Zahl von Erkrankungen und Spitalsaufnahmen geführt. Viele Betroffene überstehen solche Infektionen ohne größere Probleme, ungefährlich sind sie aber nicht. RSV-Erkrankungen führen weltweit jährlich zu rund 60.000 Todesfällen bei ins Spital aufgenommenen Kindern unter fünf Jahren.
Der zweite „Gipfel“ bei den Erkrankungsraten liegt bei den Senioren: Allein in den USA sterben jährlich rund 14.000 Über-65-Jährige an RSV-Infektionen, es kommt zu 177.000 Spitalaufnahmen. In den westlichen Industriestaaten rechnet man mit rund 33.000 Todesfällen bei älteren Menschen und knapp 500.000 Hospitalisierungen.
Impfstoff für Senior in Reichweite
Deshalb wird seit vielen Jahren an Impfstoffen geforscht. Erst in der jüngeren Vergangenheit dürfte das erfolgreich gewesen sein. Für Senioren hat etwa der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) ein Vakzin entwickelt, das derzeit von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) auf seine Zulassung geprüft wird. In den USA steht bereits für den kommenden Mai die Entscheidung über die mögliche Marktzulassung bevor.
Vakzine zeigte Wirkung
Im „New England Journal of Medicine“ wurde Ende vergangener Woche die Wirksamkeitsstudie (Phase III) mit den zulassungsrelevanten Daten für das Vakzin von GSK veröffentlicht. Veronica Hulstrom von dem britischen Pharmakonzern und ihre Koautoren haben in ihrer Untersuchung mit 24.966 Probanden über 60 Jahren den Impfstoff-Kandidaten RSVPreF3 OA auf Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüft. Es handelt sich bei dem Antigen um das sogenannte F-Protein der RSV-Erreger in einer besonderen dreidimensionalen Gestalt. Hinzu kommt ein Adjuvans als Verstärker.
In der Gruppe der 12.466 Personen, welche das Vakzin erhielt, gab es sieben Infektionen. In der 12.494 Menschen umfassenden Placebo-Kontrollgruppe wurden 40 Infektionen registriert. Das war eine Verringerung der Infektionsrate um knapp 83 Prozent. Noch deutlich höher war die Schutzrate gegen schwere RSV-Erkrankungen, die häufig zu Spitalaufnahmen wegen Lungenproblemen führen: rund 94 Prozent. Schwere Komplikationen, die mit der Impfung in Zusammenhang stehen könnten, gab es nicht. Die nicht erwünschten Reaktionen waren vor allem Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen und vorübergehende Abgeschlagenheit.
Eine einzige der Dosis hatte ein akzeptables Sicherheitsprofil und verhinderte RSV-Infektionen, Erkrankungen der unteren Atemwege und schwere RSV-bedingte Erkrankungen bei Erwachsenen über 60 Jahre unabhängig vom Subtyp des Virus und von Begleiterkrankungen.
So die Wissenschaftler
„Eine einzige der Dosis RSVPreF3 OA-Vakzine hatte ein akzeptables Sicherheitsprofil und verhinderte RSV-Infektionen, Erkrankungen der unteren Atemwege und schwere RSV-bedingte Erkrankungen bei Erwachsenen über 60 Jahre unabhängig vom Subtyp des Virus (RSV A und RSV B; Anm.) und von Begleiterkrankungen“, schrieben die Wissenschaftler.
Erfolge für weiteren Impfstoff-Kandidaten
Auch der Pharmakonzern Janssen-Cilag (Johnson & Johnson) ist auf diesem Gebiet aktiv. Ebenfalls im aktuellen New England Journal of Medicine ist dazu eine Studie der Phase II (DOI: 10.1056/NEJMoa2207566) mit einem Vektorimpfstoff auf der Basis eines Adenovirus mit der mRNA für das F-Protein von RSV publiziert worden. An der Studie nahmen 5782 Probanden über 65 Jahre teil. Insgesamt wurde - je nach unterschiedlichen Krankheitskategorien - eine Wirksamkeit in der Verhütung von RSV-Erkrankungen zwischen 70 und 80 Prozent im Vergleich zu Placebo erzielt. Eine noch größere Wirksamkeitsstudie der Phase III soll folgen.
Schutz für Babys durch Impfung Schwangerer
Während sich diese beiden Studien auf den Schutz von älteren Menschen bezogen, verfolgt der US-Pharmakonzern Pfizer offenbar mit gutem Erfolg das Konzept des Schutzes von Neugeborenen und Babys durch Impfung von Schwangeren. Erst gegen Ende vergangenen Jahres veröffentlichte der Konzern erste Daten zur Wirksamkeit seines RSV-Kandidatimpfstoffes.
„Die Wirksamkeit der Vakzine in der Verhinderung von schweren und mit der Notwendigkeit einer medizinischen Intervention verbundenen RSV-Erkrankung bei Neugeborenen innerhalb der ersten drei Lebensmonate betrug 81,8 Prozent. In den ersten sechs Lebensmonaten lag sie sie bei 69,4 Prozent. Der RSVpreF-Kandidatimpfstoff wurde gut vertragen. Es gab sowohl für die Geimpften als auch ihre Babys keine Bedenken bezüglich der Sicherheit“, teilte der Konzern mit.
In 18 Ländern waren rund 7400 Schwangere mit 120 Mikrogramm der Vakzine oder einem Placebo per Zufallsauswahl geimpft worden. Das erfolgte im späten zweiten oder im dritten Schwangerschaftsdrittel. Die von den werdenden Müttern auf die Ungeborenen übergegangenen Antikörper erzeugten offenbar einen guten Schutz. Auch Pfizer will die Vakzine zusätzlich für Erwachsene im höheren Alter etablieren.
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