Ob als Geschworene oder Schöffen - für die Straflandesgerichte wird es immer schwieriger, Laienrichter zu finden. Doch was sind die Gründe dafür? Die „Krone“ hat an einem betroffenen Gericht in Graz nachgefragt.
Hunderte Steirer ereilt jedes Jahr der Ruf, dem Staat als Laienrichter, sprich als Schöffe oder Geschworener, zu dienen und an der Rechtssprechung mitzuwirken. Der Schöffe ist dann zuständig, wenn die Tat mit einem Strafrahmen von mehr als fünf Jahren Gefängnis bedroht ist (Vergewaltigung, Brandstiftung, Betrug, etc.), Geschworene urteilen bei Kapitalverbrechen wie Mord und bei politisch motivierten Straftaten.
„Viele trauen sich kein Urteil zu“
Doch in den vergangenen Jahren wurde es immer schwieriger, Laienrichter zu bekommen, vor allem in großen Städten wie Graz. Für einen mehrtägigen Mordprozess hat die vorsitzende Richterin 50 Geschworene geladen, 30 haben sich sofort entschuldigt. Mit Müh und Not bekam das Gericht acht Geschworene und zwei Ersatz-Personen zusammen.
Doch woran liegt es, dass den Steirern ihre Bürgerpflicht nicht mehr am Herzen liegt? Die Gründe dafür sind vielfältig, weiß die Sprecherin des Grazer Straflandesgerichts, Barbara Schwarz: „Die Verfahren werden immer länger. Das wollen sich viele nicht antun. Außerdem werden die Fälle komplexer. Viele trauen es sich dann nicht zu, da ein Urteil zu fällen“, so Schwarz.
Immer wieder muss vertagt werden
Immer wieder müssen Verhandlungen vertagt werden, weil Laienrichter fehlen. Wer allerdings nicht erscheint, riskiert eine Strafe, was bisher aber sehr selten exekutiert wurde. „Weil wir so ja die Leute endgültig vertreiben würden“, erklärt Schwarz. Vielmehr setzt man weiter auf die Bürgerpflicht. „In vielen totalitären Systemen ist eine derartige Einbindung der Bevölkerung ja gar nicht denkbar.“
Das Gesetz von 1991 hat vorgesehen, dass Geschworenenverfahren an einem Tag abzuwickeln sind. Das ist heute bei uns inzwischen die Ausnahme: Es sind sehr viele Angeklagte und immer komplexere Sachverhalte.
Gerichtssprecherin Barbara Schwarz
Rufe nach einer Reform werden jedes Jahr laut. Kritiker stört, dass ausgerechnet juristische Laien bei Kapitalverbrechen entscheiden. Berufsrichter werden erst bei der Beratung über die Strafe miteingebunden. Zudem ließen sich Schöffen und Geschworene leichter von ihren Emotionen leiten.
„Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1991. Es ist nicht mehr zeitgemäß“, betont Schwarz. Doch bislang hat sich keine Regierung darüber getraut. Seitens des Justizministeriums wird betont, dass bekannt sei, dass die praktische Umsetzung der Laiengerichtsbarkeit mit Herausforderungen verbunden ist. Dennoch sei es wichtig, dass auch Personen, die keine Richter sind, ihre Erfahrung einbringen. Handlungsbedarf sieht man also offenbar keinen. Da müssen die Gerichte wohl weiterkämpfen.
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