Die europäische Sicherheitsarchitektur hat sich seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geändert. Er prägt auch die neu aufgeflammte Neutralitätsdebatte. Österreich muss sich - laut Experten - neu positionieren.
„Europa und damit auch Österreich müssen ihre Sicherheit neu denken. Eine Neutralitätsdebatte alleine greift zu kurz“, sagt der frühere Kommandant der Streitkräfte, Günter Höfler. Er fordert nicht zuletzt angesichts des Krieges in Europa eine breite Diskussion über Österreichs Sicherheitspolitik. „Die aktuelle Doktrin stammt aus 2013 und ist veraltet.“ Darin wird etwa Russland immer noch als Partner bezeichnet. Zudem seien die Folgen des Kalten Krieges nicht mehr prägend, hinzu kommt Österreichs EU-Betritt inklusive Beistandspflicht.
„Welche Rolle will Österreich spielen?“
„Wir müssen darüber nachdenken, welche sicherheitspolitischen Ziele wir haben und mit welchen Strategien wir diese erreichen. Österreich muss sich die Frage stellen, wie es sich sicherheitspolitisch in Europa positioniert und welche Rolle es spielen will. Dazu ist eine überparteiliche Debatte notwendig“, betont Höfler.
Aus der sich geänderten Bedrohungslage müsse man die richtigen Konsequenzen ziehen, so der Experte. Das heiße konkret, zu überlegen, wie die militärische Landesverteidigung ausgebaut werden soll, was Strukturen und Beschaffungen angehe. „Die Sicherheit Österreichs ist sehr eng mit der Sicherheit in Europa verbunden. Deswegen müssen wir uns die Frage stellen, welchen Beitrag wir für die Sicherheit, für die Verteidigung Europas leisten wollen“, erklärt der ehemalige Kommandant Höfler.
Neue Neutralitätsdebatte
So sieht das auch Irmgard Griss. Die Ex-OGH-Präsidentin zählt zu jenen Namhaften, die eine Neutralitätsdebatte angestoßen haben. Von den Parteien zeigen sich nur die NEOS offen dafür. Die ÖVP hält an der Neutralität fest, die Diskussion darüber führt sie dennoch. Das machte zuletzt Europaministerin Karoline Edtstadler im ORF deutlich. Die Neutralität sei identitätsstiftend.
Tatsächlich hat die Neutralität Österreich Freiheit und Wohlstand gebracht. Sie war ein Ausgleich zwischen West - und Ostmächten, der unser Land zum Ort der Abrüstungsverträge gemacht hat. Jetzt im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ist der Zeitpunkt für eine Neutralitätsdebatte nicht optimal. In der Bevölkerung genießt die immerwährende Neutralität breiten Rückhalt.
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