Kindheit im Krieg

1,5 Mio. Kinder laut UNICEF traumatisiert

Ausland
23.02.2023 14:45

487 Kinder sind laut UNO-Kinderhilfswerks UNICEF im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine bisher getötet worden, 954 wurden verletzt. 3,3 Millionen Kinder in der Ukraine sind auf Hilfe angewiesen. 1,5 Millionen sind nach Einschätzung der UNICEF vom Krieg traumatisiert.

„Was das mit Kindern macht, ist unvorstellbar“, sagte Christoph Jünger, Geschäftsführer von UNICEF Österreich, bei einer Pressekonferenz in Wien.

„365 Tage Krieg, Leid, Tränen, Verlust, Verlust der Normalität, Verlust der Kindheit, Verlust von Angehörigen, Gewalt“, so Jünger. Dramatisch seien vor allem die Angriffe auf zivile Infrastrukturen wie Krankenhäuser und Schulen. Seit Kriegsbeginn wurden 2400 Schulen zerstört bzw. stark beschädigt. Die Schule und die Bildung hätten für Kinder eine gewisse Normalität bedeutet, die nun nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. „Bildung ist die Währung der Zukunft.“

Ein Kind spielt in einem Zelt in Lwiw in der Ukraine. Weltweit sind 100 Millionen auf der Flucht, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Mehr als acht Millionen sind Ukrainer. (Bild: Yuriy Dyachyshyn / AFP)
Ein Kind spielt in einem Zelt in Lwiw in der Ukraine. Weltweit sind 100 Millionen auf der Flucht, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Mehr als acht Millionen sind Ukrainer.

32.000 Kinder waren allein auf der Flucht
Weltweit sind 100 Millionen auf der Flucht, die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. Mehr als acht Millionen sind Ukrainer. 32.000 Kinder, die allein auf der Flucht waren, wurden mithilfe von UNICEF identifiziert und mit ihren Familien wieder vereint. Entlang der Fluchtrouten hat das Hilfswerk Anlaufstellen eingerichtet, um Geflüchtete zu versorgen und bei bürokratischen Hürden zu vermitteln. Bisher wurden 1,2 Millionen Menschen dort betreut.

„Das Fuß fassen war schwierig“
Zwei von drei ukrainischen Kindern sind nicht oder nur wenig in das Bildungssystem ihrer Gastländer integriert. Und das hat einen guten Grund, wie Psychologin Nora Ramirez Castillo ausführt. Bisher hatten die Geflüchteten die Hoffnung, bald wieder in ihr Land zurückzukehren. Deshalb wussten sie auch nicht, ob sie ihre Kinder lieber online in den ukrainischen Unterricht oder präsent in den österreichischen Unterricht schicken sollten. „Das Fuß fassen war schwierig“, sagte Ramirez Castillo.

Doch Kinder bräuchten Normalität, Pausen vom Krieg. „Kinder wollen wieder ein Stück weit Kind sein. Sie brauchen Sicherheit und Stabilität und das ist auf der Flucht unmöglich.“ Um das Leben der männlichen Bezugspersonen wird gebangt und die weiblichen Bezugspersonen werden als völlig ohnmächtig erlebt. „Je nach Alter reagieren Kinder, die Vertreibung und Krieg erleben müssen, etwas anders“, sagte Ramirez Castillo.

Wie Kinder auf den Krieg reagieren
Kleine Kinder reagieren mit einer starken Verunsicherung, mit Ängstlichkeit, mit Klammern oder mit Bettnässen. Es gebe auch Kinder, die durch den Schock aufhören, zu sprechen. Ältere Kinder zeigen Reaktionen, indem sie etwa Gefühle nicht mehr regulieren können, starke Ängste entwickeln, selbstverletzendes Verhalten, Wut oder Aggression an den Tag legen. Sie verstehen nicht, dass ihr Land angegriffen wird, dass so etwas in Europa passiert und es niemand verhindern kann.

Kinder aus der Ukraine in einer Schule in Österreich (Bild: Huber Patrick)
Kinder aus der Ukraine in einer Schule in Österreich

Kinder seien existenziell abhängig von Bezugspersonen, meinte Ramirez Castillo. Je kleiner ein Kind ist, desto stärker sei diese Abhängigkeit und desto eher gehe es auf solche Bindungen ein. Ohne auf den konkreten Fall der angeblichen Verschleppung einzugehen, meint Ramirez Castillo: „Wenn sich Menschen dort als liebevolle Bindungspersonen anbieten, kann es durchaus sein, dass Kinder andocken.“

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