Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat am ersten Jahrestag des russischen Angriffskrieges in Kiew der getöteten Soldaten gedacht (siehe Video oben) und den Widerstand seiner Landsleute gewürdigt. Erneut zeigte er sich siegessicher, obwohl sie schwierig und gefährlich sei - insbesondere im Osten der Ukraine. Dort meldeten die Wagner-Söldner einen neuen Erfolg.
„Es war ein Jahr des Schmerzes, der Sorgen, des Glaubens und der Einheit“, teilte der 45-Jährige am Freitag mit. Am 24. Februar vor einem Jahr hätten viele ihre Wahl getroffen. „Nicht eine weiße Fahne, sondern die blau-gelbe Fahne“, sagte er. „Nicht fliehen, sondern sich stellen. Widerstand und Kampf“, schrieb Selenskyj auf Twitter zu einem emotionalen Video mit Bildern vom Kampf der Ukrainer (siehe unten). „Wir wissen, dass 2023 das Jahr unseres Sieges sein wird“, so Selenskyj weiter.
In einer Videoansprache Freitagfrüh hatte er zuvor die Lage im Osten und Süden des Landes als schwierig und gefährlich bezeichnet. „Im Osten ist die Lage sehr schwierig und schmerzhaft. Aber wir tun alles, um dem zu widerstehen“, sagte Selenskyj. Prorussische Kräfte hätten zudem die südliche Stadt Cherson beschossen und 40.000 Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten.
Wagner-Söldner melden Erfolg
Am Freitag meldete außerdem die russische Söldnertruppe Wagner die Einnahme des Dorfs Berchiwka nordwestlich der Stadt Bachmut. Wagner-Gründer Jewgeni Prigoschin erklärte, seine Einheiten hätten die volle Kontrolle über das Dorf übernommen. Die Söldner sind seit Monaten im Kampf um das strategisch wichtige Bachmut im Einsatz. Prigoschin hatte sich in den vergangenen Tagen einen heftigen Streit mit der Militärspitze geliefert und beiden vorgeworfen, seinen Einheiten absichtlich Munition vorzuenthalten. Am Donnerstag erklärte er, es werde nun wieder Munition geliefert.
Durch die Kämpfe in der Ostukraine steigt die Zahl der getöteten Soldaten immer weiter an, zu Ehren der Zehntausenden Toten werden am Sophienplatz in Kiew Gedenkfeiern und Mahnwachen abgehalten. Zuletzt hatte es Befürchtungen geben, dass Russland am Jahrestag der Invasion eine neue Welle von Raketenschlägen entfesseln könne. In der ukrainischen Hauptstadt habe es aber weder in der Nacht noch am frühen Morgen Luftalarm gegeben, berichtet die Nachrichtenagentur AP.
London: Russen ändern Strategie
Nachdem die russischen Truppen die Ukraine auch ein Jahr nach Beginn der Invasion in die Knie zwingen können, haben sie nach britischer Einschätzung erneut ihr Vorgehen geändert. „Ihr Feldzug zielt jetzt wahrscheinlich hauptsächlich darauf ab, das ukrainische Militär zu schwächen, anstatt sich darauf zu konzentrieren, beträchtliche Mengen an Territorium zu erobern“, teilte das Verteidigungsministerium in London am Freitag mit. „Die russische Führung verfolgt wahrscheinlich einen langfristigen Ansatz, bei dem sie davon ausgeht, dass Russlands Vorteile bei Bevölkerung und Ressourcen die Ukraine letztlich erschöpfen werden“, hieß es unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.
Die russische Strategie, das Nachbarland zu kontrollieren, sei seit 2014 weitgehend konstant geblieben. Bis 2021 sei dieses Ziel „subversiv“ verfolgt worden, indem Moskau die ukrainische Halbinsel Krim annektierte und den nicht erklärten Krieg im ostukrainischen Donbass schürte. „Am 24. Februar 2022 schwenkte Russland auf einen neuen Ansatz um und begann eine umfassende Invasion, mit der versucht wurde, das ganze Land zu erobern und die Regierung zu stürzen.“ Bis April 2022 habe Russland dann realisiert, dass dies gescheitert sei und habe sich darauf konzentriert, seine Herrschaft über den Donbass und die Südukraine auszudehnen und zu formalisieren. „Es hat langsame und extrem kostspielige Fortschritte gemacht“, hieß es in London.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.