Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat seine jüngsten Aussagen zu Teilzeitbeschäftigten verteidigt. Obwohl alle Menschen mehr Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollten, seien immer weniger bereit, diese auch zu erbringen.
Das sagte er in einem Interview am Freitag mit der Tageszeitung „Die Presse“. „Ich neide niemandem die Freizeit“, heißt es darin. Kochers Aussagen, die die Debatte ausgelöst hatten, seien aber verkürzt wiedergegeben worden, sagte der Minister. Zuvor hatte er in einem Interview mit dem „Kurier“ gefordert, dass Menschen, die freiwillig Teilzeit arbeiten, weniger Sozialleistungen erhalten sollen. Anschließend ergänzte er, dass er damit keine Mütter mit Betreuungspflichten gemeint hätte.
„Viel Arbeit und zu wenig Arbeitskräfte“
Vor ein paar Jahren habe man noch geglaubt, dass wegen der Digitalisierung viele Jobs wegfallen. Dies habe sich nicht bewahrheitet, meinte der Minister am Freitag zur „Presse“. „Wir haben sehr viel Arbeit und zu wenig Arbeitskräfte.“ Gleichzeitig merkte Kocher an, dass der Arbeitskräftemangel in den USA noch akuter sei als in Europa. Eine Abwanderung der Industrie dorthin sei daher unwahrscheinlich.
Menschen mit Behinderung und chronisch Kranke berücksichtigen
Der Österreichische Zivilinvalidenverband (ÖZIV) sagte am Freitag in einer Aussendung, dass bei der Debatte um Teilzeit auch Menschen mit Behinderungen und chronisch Kranke berücksichtigt werden müssten. „Gerade für viele Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen ist eine Vollzeit-Erwerbstätigkeit schlichtweg nicht realistisch“, sagte ÖZIV-Präsident Rudolf Kravanja. Ein moderner Arbeitsmarkt müsse individuelle Arbeitszeitmodelle ermöglichen, damit möglichst viele Menschen am Arbeitsleben teilhaben können.
„Angesichts des Arbeitskräftemangels ist es kontraproduktiv, auf die Ressourcen und Fähigkeiten einer Gruppe von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu verzichten, oder ihr den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erschweren“, sagte ÖZIV-Geschäftsführer Gernot Reinthaler. „In gut abgestimmten Teilzeit-Modellen sehen wir ein hohes Potenzial, es Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen zu ermöglichen, ihre Kompetenzen in den Arbeitsmarkt einzubringen“, heißt es in der Aussendung. Wer nicht Vollzeit arbeiten könne, dürfe nicht bestraft werden.
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