Gymnasium oder Mittelschule? Tausende Tiroler Kinder, die derzeit die vierte Klasse Volksschule besuchen, müssen dieser Tage um einen Platz zittern. Nicht für alle gibt es nämlich einen Platz in der Wunschschule. Eine Familie aus dem Unterland erzählt von ihrem Dilemma.
Melina (Name geändert) gehört zu jenen rund 7100 Tiroler Kindern, die heuer die 4. Klasse Volksschule abschließen. Das Mädchen möchte ins Gymnasium. Die AHS-Reife hat es. In der Schulnachricht stehen nur 1er. Das Problem ist: es gibt in vielen Tiroler Gymnasien nicht genug Platz für alle Bewerber. Also wurde ein Anmeldesystem mit erster, zweiter und dritter Wunschschule entwickelt. Derzeit laufen die Verfahren. Ein enormer Aufwand für Schulen und Bildungsdirektion – und natürlich Nervenanspannung pur für Familien.
Sollte eine Aufnahme in ein Gymnasium nicht möglich sein, ist das keine Tragödie, weil auch an den Mittelschulen das Leistungsniveau eines Gymnasiums angeboten wird.
Tirols Bildungsdirektor Paul Gappmaier
Dutzende Kinder ohne Platz in Wunschschule
Im Vorjahr gingen im ersten Durchgang 95 Tiroler Kinder leer aus. Die meisten in Innsbruck: Dort standen am Ende des komplizierten Verfahrens immer noch 54 Schüler trotz AHS-Reife ohne Gymplatz da. Tirols Bildungsdirektor Paul Gappmaier ruft die Eltern aber zu Gelassenheit auf: „Sollte eine Aufnahme in ein Gymnasium nicht möglich sein, ist das keine Tragödie, weil auch an den Mittelschulen das Leistungsniveau eines Gymnasiums angeboten wird.“
Gewünschte Mittelschule könnte unerreichbar sein
Melina und ihre Eltern könnten eigentlich entspannt sein. Denn sie haben sich nicht auf Gymnasien versteift und sind auch offen für eine Mittelschule mit Schwerpunkt. So eine hat das Mädchen neben zwei Gymnasien ebenfalls auf der Wunschliste. Alles paletti also? Nein! „Die Direktorin der Mittelschule hat uns informiert, dass unsere Tochter fix einen Platz hat, wenn sie die Mittelschule als Erstwunsch angibt, aber kaum eine Chance, wenn die Schule auf Platz zwei oder drei gereiht ist“, beschreibt die Mutter das Dilemma. Melinas Chancen könnten also dort wie da dahin sein, weil die Eltern die Reihung nicht strategisch, sondern nach Begabung und Neigung des Kindes erstellt haben - eben das, was die Bildungsdirektion den Eltern rät.
Mutter: „Große Belastung für unsere Familie“
Die Mutter versteht die Welt nicht mehr. Sie überlegt schon, ob sie lieber gleich der Mittelschule zusagen und dem Kind den Erstwunsch Gymnasium ausreden soll. Die Frau spricht von einer „großen Belastung“ für die Familie und von einem Gefühl, „wie bei einem Hasardspiel“.
In Südtirol sind viele entspannter
Nicht wenige Bildungsforscher sehen die frühe Trennung von Kindern in Gymnasiasten und Mittelschüler kritisch und führen genau diesen Druck für Kinder und Eltern als ein Argument an. In Südtirol absolvieren alle Kinder die ersten acht Schuljahre gemeinsam. Dort sind Familien dieser Tage freilich auch entspannter als Melina, ihre Eltern und Tausende andere Tiroler Familien.
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