Mobilfunkanbieter fordern mit mehr Nachdruck, große Online-Dienste für die Nutzung ihrer Netze zur Kassa zu bitten. Täglich würden 55 Prozent des Datenverkehrs von nur fünf Unternehmen verursacht, sagte die Chefin des Telekomkonzerns Orange, Christel Heydemann, am Montag. Das koste europäische Telekommunikationsfirmen rund 15 Milliarden Euro im Jahr.
In den vergangenen Jahren seien allein in Europa 600 Milliarden Euro in Netze investiert worden, sagte Heydemann zum Beginn des Branchentreffens Mobile World Congress in Barcelona. Aber vielen Mobilfunkfirmen falle es schwer, damit Geld zu verdienen. Auch, weil Verbraucher erwarteten, immer weniger zu zahlen. Zudem habe man es teils mit „veralteter“ Regulierung des Marktes zu tun. Die Orange-Managerin warnte: Nur wenn alle Beteiligten zum Netzausbau beitrügen, könne man Netze weiter ohne öffentliche Gelder ausbauen.
Die Online-Firmen kontern, wegen ihrer Dienste wollten die Nutzer überhaupt erst ins Netz. Niemand lege sich eine schnelle Leitung zu, um die Schönheit des Internetrouters zu bewundern, heißt es etwa bei der YouTube-Mutter Google. Internetdienste und Netzbetreiber hätten unterschiedliche Geschäfte. Nutzer forderten Inhalte an, und die Anbieter lieferten sie. Und überhaupt zeigten Studien, dass die Kosten der Netzbetreiber nicht in direkter Verbindung mit dem von ihren Kunden angeforderten Datenvolumen stünden.
Google gibt auch zu bedenken, dass die Online-Branche in eigene Leitungen investiert habe, auf die auch die Telekomfirmen kostenfrei zurückgreifen könnten. Auch wachse das Datenvolumen langsamer als früher. Das Problem in der Zukunft könne nicht zu viel, sondern zu wenig Datenverkehr sein: Denn warum sollten Verbraucher sich zum Beispiel teurere Glasfaserleitungen anschaffen, wenn es keine Online-Dienste gäbe, die diese Investition rechtfertigen würden?
Noch bedeckt halten sich die Online-Firmen dazu, wie sie reagieren könnten, wenn sie tatsächlich Geld an die Telekom-Branche zahlen müssten. Könnten sie etwa versuchen, die neuen Kosten an die Nutzer weiterzureichen - oder mehr Datenverkehr um Europa herum leiten?
Wer soll für die Kosten aufkommen?
Die EU-Kommission startete in der vergangenen Woche eine öffentliche Konsultation, in der es unter anderem darum geht, wer für die Kosten für den Netzausbau aufkommen soll. EU-Kommissar Thierry Breton sagte in Barcelona, man müsse ein faires Modell für die Finanzierung der riesigen Ausbaukosten finden. Es gehe um mehr als einen Konflikt zwischen den Interessen von Netzbetreibern und Online-Diensten. Ziel müsse sein, Europa für den nächsten Schub der Vernetzung vorzubereiten und das Potenzial des gemeinsamen EU-Markts besser zu nutzen.
Ein Schlagwort in Barcelona ist 6G - ein Nachfolgestandard für die heutigen schnellen 5G-Datennetze. Zu den Versprechen gehören noch schnellere Datenverbindungen, mehr Kapazität und kürzere Reaktionszeiten zum sicheren Fernsteuern von Maschinen und Autos.
Er sehe das größere Problem beim 6G-Aufbau nicht in der Bewältigung technischer Herausforderungen für die neuen Netze, sondern bei der Finanzierung, sagte der Forschungschef des Netzwerkausrüsters Ericsson, Magnus Frodigh, in Barcelona. Die Betreiber müssten genug Geld haben, um in neue Technologien zu investieren - parallel zum noch laufenden 5G-Ausbau. „Es gibt das Risiko, dass wir in Europa bei den Investitionen zurückfallen.“ Und da Netze oft Innovationen in anderen Bereichen beschleunigten, könne es schnell schwieriger werden, auch einen kurzen Rückstand aufzuholen.
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