Der Grüne Landtagswahlkampf in Kärnten brachte Vizekanzler Werner Kogler zum „Krone“-Interview nach Villach. Er spricht über Windräder, die eingereichte Klimaklage, sowie Chancen für die Wirtschaft durch den Klimaschutz.
„Krone“: Warum gibt es für Grünen-Spitzenkandidatin (Kärnten) Olga Voglauer so starke Unterstützung aus Wien?
Werner Kogler: Weil wir das Engagement für Klimaschutz und Energiewende im Kärntner Landtag oder sogar direkt in der Landesregierung vertreten wissen wollen. Und es wird sehr knapp. Olga ist eine Kämpferin, hat nach der letzten Wahl alles zusammengeräumt und die Kärntner Grünen wieder aufgebaut. Daher genießt sie von uns auch so große Unterstützung.
Umfragen zeigen kein schönes Bild für die Kärntner Grünen. Was passiert, sollte der Einzug wieder nicht gelingen?
Ja, es kann sehr knapp werden, aber es sind ja noch einige Tage Zeit alles zu tun, dass das Comeback gelingt. Der Einzug ist das Ziel, andere Fragen stellen sich erst in den Wochen nach der Wahl.
Die Grünen fordern in Kärnten 150 Windräder, obwohl bereits mehr als 55 Prozent des Energieverbrauchs in Kärnten aus erneuerbarer Energie besteht. Braucht Kärnten Windräder, trotz Wasserkraft?
Das Gleiche könnte Tirol und Vorarlberg auch sagen, aber dort gibt es überall eine Trendwende. Man muss schauen, wie die Potenziale verteilt sind. Das Potenzial der Wasserkraft in Kärnten ist schon ziemlich ausgeschöpft, bei Wind gibt es buchstäblich Luft nach oben. Es geht nicht darum, dass überall ein Windrad steht - aber es gibt bestimmte Flächen, die besonders dafür geeignet sind. Wo ein Wille, da ein Windrad. Man muss leider sagen - auch in Richtung des Landeshauptmanns: Kärnten ist bei Wind- und Solarenergie, obwohl die Voraussetzungen sehr gut sind, ein kompletter Nachzügler.
In Kärnten gibt es die Regelung, dass man Windräder nicht sehen darf - ist das noch zeitgemäß?
Nein, und es wird ja viele Berge und Hügel geben, auf denen kein Windrad steht, aber auf einigen doch. Mir fehlt jegliches Verständnis, dass man zwar irgendwelche Schlote sehen darf, aber kein Windrad. Das ist rückschrittlich zum Quadrat! Unsinnige Regelungen sollen in den Umweltverträglichkeitsprüfungen keine Rolle spielen. Deshalb gibt es hier eine Änderung. Damit wir dort, wo es vertretbar und sinnvoll ist, Windanlagen bauen können. Dass Landesregierungen, die im vorigen Jahrhundert stecken geblieben sind, den Fortschritt durch solche Regelungen aufhalten können - damit ist jetzt Schluss!
Windräder sind Statuen der Freiheit! Ansonsten sind wir weiterhin von dreckigen, giftigen Alternativen abhängig, wie von Putins Blut-Gas!
Werner Kogler, Vizekanzler
Bürgerinitiativen kritisieren, dass für Windanlagen unberührte Natur zerstört werden muss - wie passt das zusammen?
Diese Initiativen werden genau durch diese Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren berücksichtigt, das haben die Grünen erkämpft. Ansonsten hätten diese Bürgerinitiativen gar keine Möglichkeit sich einzubringen. Dann muss abgewogen werden. Die reine Sichtbarkeit ist kein Argument - in vielen Bundesländern ist man mittlerweile stolz, dass man die Windräder sieht. Jedes Windrad ist auch eine Freiheitsstatue. Die Alternative ist, dass wir weiter von dreckigen, giftigen Alternativen abhängig sind, vor allem vom Blut-Gas von Putin!
Wie stehen Sie zur Klimaklage, die von Kindern und Jugendlichen eingereicht wurde?
Initiativen, die darauf abzielen, den Klimaschutz zu stärken, finde ich richtig. Im besten Fall gibt es ähnliche Initiativen auch bei größeren weltweiten Playern. Denn das Klima retten wir nur, wenn alle ihren Beitrag leisten. Aber Österreich hat bestimmte Verpflichtungen übernommen, und die sollten wir auch einhalten. Deshalb ist es gut, wenn das auch von Obersten Gerichten überprüft wird. Sowohl das Motiv als auch das Ergebnis - nämlich eine Entscheidung, die künftig Orientierung bietet - sehe ich als nützlich an. Ich verstehe also die Klimaklage. Das alte Klimaschutz-Gesetz, das hier attackiert wird, kritisieren wir im Übrigen auch selbst. Wir Grünen kämpfen ja für ein völlig neues Klimaschutz-Gesetz. Dass das schwierig ist, ist richtig. Das ist das Bohren harter Bretter. Wir haben bis hierher viele andere Gesetze, die für den Klimaschutz wichtig sind, durchgesetzt, das wird auch noch gelingen.
Fühlen Sie sich durch die Klimaproteste der „Letzten Generation“ angesprochen?
Es gibt hier nicht nur schwarz oder weiß. Deshalb zwei Argumente: Motivation, Antrieb und Ziel halte ich für richtig und die Befürchtung, dass vieles zu spät kommt, teile ich. Der Alarm, den die Letzte Generation schlägt, ist ebenso nützlich. Das zweite Argument ist, dass sich die Aktionsformen selbst wieder verändern sollten, weil manche davon jene ärgern, die für die Sache zu gewinnen wären. In der Demokratie braucht es Mehrheiten, deshalb ist es am Ende wichtig, mehr Menschen mitzunehmen als zu verärgern!
Am Freitag findet ein weltweiter Klimastreik statt: Was haben Sie an diesem Tag geplant?
Ich bin, wie so oft, in den Bundesländern unterwegs. Ich werde in Salzburg sein, wo ich mich unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Wintersport beschäftigen werde.
Die Grünen Kärnten werden am Klimastreik teilnehmen. Macht das Sinn, wenn man selbst in der Bundesregierung sitzt?
Naja, in Kärnten sind wir nicht im Landtag. Kärnten ist ein Nachzügler geworden im Klimaschutz. Eines der wenigen guten Dinge, die in den letzten 10 Jahren passiert ist, war ein Energie-Masterplan von Rolf Holub. Ansonsten ist nicht viel passiert, deshalb ist die Teilnahme am Streik sinnvoll, ja. Natürlich freuen wir uns in der Bundesregierung über jede Form der Unterstützung, weil hier auch Mehrheiten benötigt werden. Wir würden Einiges auch schneller machen wollen, wo sich der Regierungspartner und die Opposition dagegenstellen. In Kärnten ist die SPÖ nicht in Opposition, da ist schon zu erklären, warum man in Kärnten so hinterherhinkt.
In Zeiten multipler Krisen, ist Klimaschutz in der Wirtschaft nicht ein Luxusproblem? Könnte Geld nicht anders verwendet werden?
Der Hauptgrund der Teuerung ist der Angriffs-Krieg in der Ukraine und die fossile Energie. Wir haben eine Fossil-Inflation, die auch die Strompreise in die Höhe treibt. Je mehr erneuerbare Energie wir haben, desto günstiger ist der Strom. Investitionen in grüne Energie rechnen sich unglaublich schnell. Mehr Klimaschutz ist besser für die wirtschaftliche Entwicklung und die Wertschöpfung in der Region. Klimaschutz als Luxusproblem abzustempeln ist ein Trugschluss: Ja, Klimaschutz braucht Investitionen, aber wir investieren damit in die Zukunft, und nicht in die Vergangenheit. Insofern ist Klimaschutz ein sinnvolles Wirtschaftsprojekt - man muss die Chancen und vielen Arbeitsplätze sehen. Klimaschutz kostet Geld, aber es gibt nur eines, das mehr kostet: kein Klimaschutz.
Viele große Sportevent weisen keine gute Klimabilanz auf - trotzdem unterstützen?
Ja, vor allem dann, wenn sie nachhaltiger werden. Für die nächste Skiweltmeisterschaft in Salzburg wird es umfangreiche Förderungen geben, weil es über weite Strecken ein Green-Event wird. Ich glaube, dass Dinge, die den Menschen gefallen, - wie zum Beispiel Sport-Events - nicht verboten werden sollen. Das Leben soll ja auch Spaß machen. Es gibt viele Möglichkeiten große Events auch umweltfreundlicher zu gestalten. Und die muss man nutzen.
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