Paukenschlag im Fall der Zehntausenden Abmahnungen, die der Anwalt Marcus Hohenecker an österreichische Webseitenbetreiber verschickt hat: Einem Zeugen zufolge soll mittels Software gezielt und automatisiert nach Webseiten gesucht worden sein, die Google-Schriftarten verwenden. Hohenecker sieht die Sachlage anders.
Anwalt Peter Harlander, der über 400 Betroffene vertritt, berichtete am Mittwoch auf LinkedIn unter Berufung auf Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft von dem Software-Einsatz. Demnach soll der Geschäftsführer jenes IT-Unternehmens, das die Software programmierte, ausgesagt haben, dass Hohenecker dafür zwei Rechnungen von in Summe 31.500 Euro in Rechnung gestellt worden seien - eine für das sogenannte Crawlen der Impressen der Webseiten und die andere für das Erstellen der PDFs der Abmahnschreiben, die direkt an die Druckerei übermittelt worden seien.
Hohenecker wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück. Aus der Zeugenaussage gehe ihm zufolge nicht hervor, dass ein Webcrawler zum Einsatz gekommen sei, sondern dass der Webbrowser Mozilla Firefox verwendet worden sei und die Datenschutzverletzung tatsächlich eingetreten sei. Er warf dem Berufskollegen Harlander vor, dies zu verschweigen.
„Eindeutiger Rechtsmissbrauch“
Harlander hingegen schließt aus der Zeugenaussage, dass es sich wegen des Softwareeinsatzes um keinen Datenschutzverstoß handeln kann: „Der Aufruf von Tausenden Websites im Rahmen eines ausgeklügelten Systems mittels Software nur zu dem Zweck der Herbeiführung einer Datenschutzverletzung und zum Zweck der Einforderung von Schadenersatz fällt nicht unter den Schutzzweck der DSGVO und stellt eindeutig einen Rechtsmissbrauch dar.“
Harlander zitiert auf LinkedIn auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die zu der Abmahnwelle ermittelt: Nachteile für die Mandantin von Hohenecker habe es nach der aktuell vorliegenden Verdachtslage nie gegeben. „Denn - wenn überhaupt ein Datum der Beschuldigten verschickt wurde, was Gegenstand der laufenden Ermittlungen und noch nicht abschließend geklärt ist - so geschah dies in der Absicht einer Selbstschädigung, um hernach Ansprüche zu behaupten.“
Breitenwirkung
Hohenecker verteidigte die hohe Zahl an verschickten Briefen. Seine Mandantin habe zuerst einige hundert Schreiben verschickt, diese hätten aber nicht gewirkt, deshalb habe seine Mandantin es als zweckmäßig erachtet, „einige tausend“ Briefe zu versenden, um die entsprechende Breitenwirkung zu erzeugen.
Anwalt beklagt mediale Stimmungsmache
Die genaue Anzahl der verschickten Briefe nannte Hohenecker nicht. Die WKStA geht von „mehreren Zehntausend“ aus. Hohenecker selbst sieht sich in der Causa als Opfer. „Die Verleumdung meiner Person dient der Ablenkung vom eigentlichem Problem, nämlich dass Zigtausende Webseiten in Österreich den Datenschutz sämtlicher Besucher verletzen.“
Hohenecker sieht die Rechtsgrundlagen sowie die Judikatur auf seiner Seite, beklagt jedoch eine Medienhetze. „Dass die APA zwei Tage vor der Verhandlung gegen Google berichtet, ist der wirtschaftlichen Verquickung der Massenmedien und der Werbewirtschaft geschuldet und dient der Stimmungsmache, um die unabhängige Justiz zu beeinflussen“, betonte der Anwalt.
Hohenecker hatte am Wochenende in der ORF-Sendung Bürgeranwalt gesagt, dass er die Forderungen von 190 Euro pro Abmahnbrief nicht mehr verfolge. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die Einbindung von Google Fonts einen Datenschutzverstoß darstellt, startet am Freitag ein Musterverfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien. Auch die Datenschutzbehörde beschäftigt sich aktuell mit der Thematik.
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