"Krone": George, Sie eröffnen das Filmfestival von Venedig und sind auch im Wettbewerb. Glauben Sie, dass die Welt offen genug ist, einen Film über die US-Politik zu verstehen und anzunehmen?
George Clooney: Ich weiß es nicht. Aber ich denke, es ist ein ziemlich globales Thema: der Mist, der in Frankreich passiert, in Italien. Politik und Skandal sind nicht nur in den USA untrennbar miteinander verbunden. Letztlich geht es um einen jungen Mann, der entscheiden muss, ob er bereit ist, seine Seele zu verkaufen, um zu gewinnen.
"Krone": Der Wahlkampfmanager, gespielt von Ryan Gosling.
Clooney: Ja.
"Krone": Aber es geht auch um den demokratischen Präsidentschaftskandidaten, den Sie spielen und der all die richtigen Dinge sagt und dann eine Affäre mit einer Praktikantin hat. Kommt uns doch bekannt vor, oder?
Clooney: Natürlich. Und trotzdem denke ich, dass es ein globales Thema ist. Wo du auch hinsiehst, benehmen sich Politiker daneben. Außer Obama. Auch wenn die Wähler enttäuscht von ihm sind. Da sage ich: Stellt euch mal unser Land vor, wenn Obama NICHT Präsident wäre. Wenn ein Republikaner im Weißen Haus säße. Obama hat nichts als Mist geerbt. Und dazu ist vom finanziellen Zusammenbruch über die Wirtschaftskrise bis zur Explosion in Nordafrika und zwei geerbten Kriegen alles gleichzeitig passiert. Am meisten kotzt es mich an, wenn Leute, die meine politischen Ansichten teilen, auf ihn losgehen. Von der Gegenseite erwarte ich mir nichts anderes. "Er ist gar kein US-Staatsbürger, blablabla." Das ist doch nichts als bigott und rassistisch. Der Mann hat eine Gesundheitsreform gemacht, die vor ihm keiner zusammenbrachte. Und ja, er ist komplett skandalfrei.
"Krone": Im Gegensatz zu den meisten anderen. Scheint es nicht so, als würde heute nichts mehr geheim bleiben?
Clooney: Ja, Kennedy könnte heute nie zum Präsidenten gewählt werden! (lacht) Heutzutage tweeten Kongressabgeordnete selbst Fotos ihrer Genitalien. Das ist doch krank. Aber vielleicht führt es ja auch dazu, dass die Leute private Skandale nicht mehr faszinieren - weil sie davon übersättigt sind. Ich liebe es ja auch, wenn die Politik sich immer damit wichtig macht, Hollywood die niedrigsten Werte und die größte Unmoral vorzuwerfen. Dabei haben sie selber viel mehr Dreck am Stecken. Und sind dann auch noch blöd genug, es auf Facebook und Twitter zu posten. Mich erstaunt immer wieder, wie stupide die Menschen sind.
"Krone": Sie sind auch privat ein sehr politischer Mensch. Warren Buffett, der reichste Mann der USA, rief vor wenigen Wochen alle Reichen dazu auf, freiwillig mehr Steuern zu zahlen. Das würde auch Sie betreffen. Hätten Sie ein Problem damit?
Clooney: Nein. Ich hab immer gesagt, dass die Leute, die finanziell das größte Glück haben, den weniger Privilegierten helfen müssen. Es wäre das Einfachste, wenn das mit einer Steuererhöhung für die Reichsten gelöst würde.
"Krone": Was halten Sie von der derzeitigen US-Politik?
Clooney: Sie war noch nie so schmutzig wie jetzt. Die Demokraten werden in eine linke, sozialistische Ecke gedrängt, die Republikaner sind rechter als rechts, die Mitte existiert nicht. Ein Republikaner kann nicht einmal zugeben, dass er Golf mit einem Demokraten gespielt hat, sonst gilt er als Verräter. Früher besoff sich der Demokrat und Senatssprecher Tip O'Neill mit seinem republikanischen Präsidenten Ronald Reagan, und sie fanden gemeinsam eine Lösung. Heute wäre so etwas unmöglich.
"Krone": Was für eine Art von Regisseur sind Sie?
Clooney: Ein schneller. (lacht) Wir waren drei Tage früher fertig als geplant. Ich hatte drei Wochen später den ersten Schnitt. Und ich bin billig. Wir machten den Film für zwölf Millionen Dollar. Was Schauspieler betrifft, bin ich genauso manipulativ wie jeder andere Regisseur. Schauspieler haben ihre Ideen, ich habe meine. Aber ich bin der Boss.
"Krone": Einer, der vor vier Monaten 50 wurde. Verursacht Ihnen das Magenkrämpfe? Eine Midlifecrisis?
Clooney: Nein, mein Leben ist simpler geworden, seit ich 50 bin. Und ich kann das sagen, ohne zu stottern! (lacht)
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