Oberbank-General Franz Gasselsberger im „Krone“-Interview: Die Wirtschaft wächst mehr als erwartet, auch die Zinsen steigen. Kritik gibt es aber an den staatlichen Maßnahmen: „Wir haben die höchsten Förderungen in Europa, aber nicht die größte Zufriedenheit!“
Er gilt als Langzeit-Routinier in der Finanzszene: Oberbank-General Franz Gasselsberger steht seit Jahrzehnten auf der Kommandobrücke. Aktueller Befund im Interview mit dem Stv. Krone-Chefredakteur Georg Wailand: „Die Konjunktur wird besser als von den Wirtschaftsforschern prognostiziert, seit Anfang des Jahres habe ich das Wort Rezession aus meinem Wortschatz gestrichen. Dafür aber wird die Inflation hoch bleiben und auch die Zinsen werden kräftig weiter steigen.“
Frage an den „Kapitän“: Wie geht die Reise weiter? „Österreich hat die höchsten Förderungen in Europa zur Bekämpfung der Krise ausgeschüttet, das hat viele beruhigt, aber eine differenzierte Unterstützung wäre budgetschonender gewesen. So aber ist für alles und jeden mit geliehenem Geld gestützt worden - und dennoch hat sich nicht eine allgemeine Zufriedenheit eingestellt. Da hat man zu viel mit der Gießkanne gearbeitet.“
„Wir schwächeln bei den Reformen“
Für den Staat bedeutet das eine gewaltige Verschuldung und Belastung. Gasselsberger: „Wir schwächeln bei den Reformen, etwa beim Pensionswesen. Da müssen wir pro Jahr schon 30 Milliarden Euro zuschießen, das sind die gesamten Lohnsteuereinnahmen. Und wenn man auch noch sieht, dass durch die steigenden Zinsen für unsere Staatskredite jährlich wieder rund zehn Milliarden Euro an Zinsen dazu kommen, macht das deutlich, wie wichtig Reformen wären!“
Dem Finanzsektor in Österreich geht es aber wieder gut: Unicredit, Erste Group, Raiffeisen International, alle haben hohe Gewinne ausgewiesen, bei der Oberbank ist es nicht anders: „Wir haben im Vorjahr eines unserer besten Ergebnisse überhaupt erreicht.“
Die Institute verdienen wieder mit den Spareinlagen genauso wie mit den Krediten, es gibt auch kaum Ausfälle bei den Rückzahlungen.
Hype bei Immobilien vorbei
Ein Schwachpunkt jedoch hat alle Institute getroffen: Die Immobilienfinanzierung (privat und gewerblich) ist seit August des Vorjahres um 50 Prozent (!) abgestürzt. Gasselsberger: „Da waren nicht nur die strengeren Vergabe-Vorschriften schuld daran, sondern auch, dass der Hype bei Immobilien vorbei ist. Aber es kann durchaus sein, dass sich das in ein paar Monaten wieder normalisiert. Der Wunsch nach einer eigenen Wohnung ist ungebrochen.“
Dass die Wirtschaft wieder optimistisch ist, zeige sich in der gestiegenen Nachfrage beim Leasing.
Die Oberbank selbst bleibt klar auf Wachstumskurs: Sie betreibt 180 Filialen, am eifrigsten legt man in Deutschland zu, wo bereits in zehn Bundesländern Oberbank-Zweigstellen stehen: „Wir machen nur das Mittelstands-Geschäft und das Privat Banking, das können wir und da mögen uns die Deutschen sehr als willkommene Alternative.“
Gasselsbergers Blutdruck steigt, wenn die Rede auf die allgemeine Personalknappheit kommt: „Da muss man eben den eigenen Leuten Möglichkeiten für eine befriedigende Tätigkeit eröffnen. Die Menschen wollen doch ein Erfolgserlebnis bei ihrer Tätigkeit haben.“ Ein Mitarbeiter-Beteiligungsmodell kräftigt mit Geld und Gratis-Aktien diese Freude an der Arbeit. Und Gasselsberger hofft, dass das Sparen in Aktien steuerlich bald wieder generell attraktiver wird.
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