Große Trauer

Kurze schwere Krankheit: Peter Weibel ist tot

Kultur
02.03.2023 13:04

Der international renommierte österreichische Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und Museumschef Peter Weibel ist tot. Der langjährige Leiter des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien (ZKM) starb am Mittwoch im Alter von 78 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit in einem Karlsruher Krankenhaus.

„Mit Bestürzung und Trauer müssen wir Kenntnis geben und zur Kenntnis nehmen, dass unser Freund, unser Lehrer, der Künstler, Denker und Forschende Peter Weibel gestern Abend viel zu früh und überraschend verstorben ist“, erklärt der Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien, Gerald Bast am Donnerstag. Durch den Tod von Peter Weibel verliert die Universität für angewandte Kunst Wien einen der bedeutendsten Denker, Forscher und Lehrer ihrer Geschichte.

Vom Flüchtlingskind zum Gelehrten
Geboren wurde Weibel am 5. März 1944 als „Migrationsprodukt“ in Odessa. „Dann flüchtete meine Mutter mit mir über Polen, Tschechien, den Schwarzwald nach Oberösterreich in ein US-Lager für displaced persons“, erzählte Weibel in einem Interview. In Paris begann er Französisch und französische Literatur zu studieren, begann 1964 in Wien ein Medizinstudium und wechselte zu Mathematik und Logik. Eine Dissertation über mathematische Logik hat er zwar geschrieben, aber nie eingereicht. Dafür war er im Wiener Aktionismus der 60er-Jahre mitten im Geschehen, etwa 1968 bei der skandalumwitterten Aktion „Kunst und Revolution“ an der Uni Wien.

Früh befasste sich der in Vision und Subversion gleichermaßen heimisch Fühlende mit den Fragen von Video- und Computerkunst und virtuellen Räumen. In seinem Werk verwendete Weibel ab 1966 bereits interaktive Praktiken und ab 1990 interaktive Computerinstallationen. Der kontroversielle Denker wurde er bald zum gesuchten Lektor und Professor an internationalen Kunstschulen von Kassel bis Halifax. 1981-84 war er Gastprofessor an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, 1984 bis 2011 an der Universität für angewandte Kunst Wien Professor für visuelle Mediengestaltung, später für Medientheorie. 1982 bis 1985 war er auch Professor für Fotografie an der Gesamthochschule Kassel.

Von 1985 bis 1989 lehrte er auch an der State University of New York in Buffalo, von 1989 bis 1994 war er Direktor des Instituts für Neue Medien an der Städelschule in Frankfurt. 1992 bis 1995 war er künstlerischer Leiter der Ars Electronica in Linz. Ab 1993 bis 1997 war Weibel auch künstlerischer Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum in Graz, wo er zum Chefkurator wurde. 1993 bis 1999 war er auch Kommissär des Österreichbeitrags bei der Biennale Venedig.

Letztes Projekt nicht mehr umsetzbar
Weibel galt als Schnellsprecher und Vielarbeiter und prägte Medienkunst und Kunstdiskurs im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten mit. Zuletzt machte er mit der Ankündigung Schlagzeilen, in Wien - wohin er zurückkommen wollte - für seine 120.000 Bücher eine bewohnbare Containerbibliothek mit einem Aufzug in der Mitte bauen zu wollen: „Der Aufzug ist die Wohnung. Ich werde also in einem großen Lastenaufzug arbeiten, schreiben und schlafen.“ Der Tod verteilte diesen Plan. Am Sonntag wäre Weibel 79 Jahre alt geworden.

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