Bald live in Wien

Macklemore: Einmal ganz runter und wieder zurück

Musik
05.03.2023 09:00

Amerikas Festival-Headliner-Rapper Macklemore hat die Pandemie nicht gutgetan und er verfiel zeitweise wieder in selbstzerstörerische Muster. Auf seinem neuen Solowerk „Ben“ reflektiert er nicht nur diese harten Monate, sondern sein bisheriges Leben im gesamten - die harten Geschichten lockert er gerne mit weichen Melodien auf. Am 30. April kommt er in die Wiener Stadthalle.

Als der Seattle-Rapper Macklemore mit seinem Kompagnon Ryan Lewis samt dem gemeinsamen Album „The Heist“ 2012 das gesamte Genre für eine Zeit lang auf links drehte, war die Welt noch eine andere. Die Leichtfüßigkeit, die Songs wie der Superhit „Thrift Shop“ vermittelten, war die perfekte Unterlage für eine digital immer fitter werdende Generation voller Jugendlicher, die coole Klänge gerne auch mit einer inklusiven Attitüde vernehmen wollten. Was außerhalb seiner ganz treuen Fans aber oft unterging, ist die Tatsache, dass Ben Haggerty, wie Macklemore eigentlich heißt, schon lange davor eine Solokarriere hatte und mit „The Language Of My World“ 2005 auch ein Album veröffentlichte. Das stieß aber auf wenig Anklang und Macklemore versank in einen Strudel aus Marihuana-, Codein- und Purple Drank-Abhängigkeit - letzteres ist eine beliebte Partydroge. Erst die Zusammenarbeit mit Lewis holte den Rapper wieder aus der Versenkung heraus.

Wiederaufstehung
Macklemore & Lewis waren jahrelang erfolgreiche Festival-Headliner und gern gebuchte Partygäste, doch den Rapper zog es schnell wieder zurück zu ehrlicheren und basischeren Songs. „Gemini“ markierte 2017 seine Rückkehr in Sologefilde und setzte den auf den Macklemore-&-Lewis-Produktionen sanft begonnen Weg der tiefgründigen und persönlichen Songs fort. Mit Tracks wie „Ain’t Gonna Die Tonight“, „Good Old Days“ oder „Corner Stone“ gab Haggerty einen Einblick in sein Außen- und Innenleben und fand auch musikalisch wieder in die Spur zurück. Der Solosiegeszug schien unaufhaltsam zu sein, bis Macklemore schlussendlich die Pandemie in die Quere kam. Mit dem plötzlichen Ende jedweder Touring-Aktivitäten und der latenten Unsicherheit, wie es denn überhaupt weitergehen sollte, kam der heute 39-Jährige überhaupt nicht klar.

„Als die Pandemie begann, waren wir mit den Aufnahmen zu meinem neuen Album eigentlich schon am Ende“, verriet er dem australischen Magazin „The Music“ in einem Interview, „wir hatten damals ja keine Ahnung, dass es noch drei Jahre lang dauern würde, bis die Musik dann auch wirklich in die Öffentlichkeit dringen würde“. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine Pandemie, die gemeinschaftliches Arbeiten verunmöglichte. Die Geburt seines dritten Kindes. Das ständig über ihn schwebende Damoklesschwert der Angst, vielleicht nie wieder auf Tour gehen zu können und schlussendlich Unsicherheiten, Depressionen und Rückfälle. Der eigentlich seit 2008 trockene Künstler verfiel wieder in alte Muster und griff vermehrt zu verbotenen und vernebelnden Substanzen. In den dunkelsten Stunden der absoluten Zerstreuung nahmen die inneren Stimmen wieder die Oberhand und führten den Sänger in alte Muster zurück.

Bitte mehr Old-School-Vibes
Gemeinsam mit seiner Familie und seinem Team konnte sich Macklemore aus diesem Zyklus des Verderbens befreien, wie er auch offen und selbstkritisch beim US-Talkmaster Jimmy Fallon zugab. So ist nicht zuletzt auch die harte Phase der letzten Jahre ein immanenter Teil seines brandneuen Albums „Ben“, das nicht umsonst seinen Vornamen als Titel trägt und filterlos offen das Leben des fast 40-Jährigen aus mehreren Positionen beäugt. So ließ er seine siebenjährige Tochter Sloane bei Video zur Single „No Bad Days“ Regie führen, geht in „Faithful“ mit NLE Chopper direkter auf seine Rückfälle ein oder betrachtet mit Windser in „Maniac“ die Welt durch die Brille einer toxischen Beziehung. Ein bisschen in die Irre führte dabei die famose Single „Heroes“ mit Hip-Hop-Legende DJ Premier. Dieser kantige US-Old-School-Vibe zieht sich nämlich nicht durch „Ben“, sondern bleibt als Stand-Alone-Track stehen. Gerade in zu poppig geratenen Songs wie „Sorry“ mit Livingston oder dem Opener „Chant“ mit Tones And I hätte man sich doch ein bisschen mehr Kompromisslosigkeit gewünscht.

Die Unsicherheiten ob seines Lebens und der Musik strahlt auf „Ben“ immer wieder durch, doch zumeist verpackt er die schweren Inhalte hinter sonnigen Rap-Pop-Klängen, die tunlichst vermeiden, die inhaltliche Melancholie klanglich zu verstärken. „Ich bin extrem fehlbar und mache jeden Tag aufs Neue Fehler“, gab er im australischen Interview kund, „am schlimmsten wäre es aber, wenn ich das geheim halten und nicht die Wahrheit sagen würde.“ So ist „Ben“ in erster Linie eine knappe Stunde Selbsttherapie, die vor allem in den Singles, aber auch in Nummern wie „Grime“ oder „Day You Die“ durchaus eine gewisse Hitlastigkeit ausstrahlt, die an manchen Stellen aber ein bisschen zu fröhlich und formatradioheischend wirkt. Gerade für schwerere Selbstreflexionen wie bei „Tears“ würde man sich eine etwas weniger schablonenhafte Herangehensweise wünschen. Den Mut zur Ehrlichkeit haben wir hier textlich, aber nicht immer musikalisch.

Bald live in Wien
Am 30. April kommt Macklemore für ein exklusives Österreich-Konzert in die Wiener Stadthalle. Derzeit sind keine Karten mehr für das Highlight verfügbar.

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