Die Debatte um die Google-Schriften und den Datenschutz kommt jetzt das erste Mal vor Gericht. Auch der Internetriese selbst schließt sich an, aber auf der Beklagtenseite. Die sieht beim Kläger - dem Anwalt Marcus Hohenecker und seine Mandantin Eva Z. - einen Rechtsmissbrauch. Man habe mit einer Software gezielt nach problematischen Webseiten gesucht.
„Sie ist massiv genervt und erbost!“, spricht Marcus Hohenecker über seine Mandantin Eva Z. Diverse Webseiten von Unternehmen würden ihre IP-Adresse ohne Zustimmung an Google weitergeben. Das passiert durch Google Fonts - die Schriftarten. Beim Aufruf der Website durch den Benutzer werden sie auf einen Google-Server nachgeladen und die IP-Adresse an den Internetriesen übermittelt.
Zusammen mit Anwalt Hohenecker verschickte die Mandantin im Herbst 2022 eine Welle von Abmahnbriefen mit Schadensersatzforderungen an Unternehmen. Und zwar 32.000. „Das Ziel ist ein europaweites, einheitliches Datenschutzniveau“, rechtfertigt Hohenecker.
„Der wohl berühmteste Friseur Österreichs“
Auch Adolf S. erhielt einen Brief, der wohl mittlerweile „berühmteste Friseur Österreichs“, wie ihn die Richterin im Landesgericht für Zivilrechtssachen in Wien nennt. Denn er ist der Beklagte im Musterprozess um die Abmahnwelle. Vorgeworfen wird ihm eine Datenschutzverletzung, weil auch auf seiner Webseite finden die Google-Schriftarten Verwendung.
Vor Gericht sagt der Friseur: „Dass Google Fonts Daten weiterleitet, habe ich vorher gar nicht gewusst.“ Das einzige, was er wusste, ist, dass er von Marcus Hohenecker ein Schreiben mit einer Forderung von 190 Euro erhielt. „Ich dachte zuerst, es ginge um das Bild auf meiner Homepage“, so der 57-Jährige. Bis eine Nachricht von der WKO eintrudelte, dass Betroffene die Geldbeträge nicht einzahlen sollten. Im August 2022 kam dann die Klage, die nun in Wien verhandelt wird.
Google schließt sich der Seite des Beklagten an
Ein Zivilprozess, in dem wohl keine Einigung im Raum steht: Marcus Hohenecker sitzt im Justizpalast fünf Anwälten gegenüber - zwei des Friseurs und drei von Google, die sich auf der Beklagtenseite angeschlossen haben. Sie orten einen Rechtsmissbrauch: Man habe mithilfe einer Software nach den betroffenen Homepages extra gesucht, um möglichst viel Profit herauszuschlagen. Deswegen ist auch bei der WKStA ein Verfahren gegen Eva Z. anhängig. Ihr Anwalt dazu: „Man gräbt und gräbt und gräbt, bis man etwas findet.“
Das ist ein Musterprozess, der von den, in Österreich wichtigsten in der Wirtschaftslobby, medial vorbereitet wurde.
Anwalt Marcus Hohenecker empört im Gerichtssaal
Und die Kritik zieht sich weiter in dieser ersten Tagsatzung. Marcus Hohenecker lässt an keinem ein gutes Haar: „Das ist ein Musterprozess, der von den, in Österreich wichtigsten in der Wirtschaftslobby, medial vorbereitet wurde.“ Auch bezeichnet er den Mediendruck und das anhängige WKStA-Verfahren als sehr belastend.
Die Richterin muss ihm in manchen Punkten zustimmen: „Das Ganze ist medial sehr präsent, was wohl daran liegt, dass viele Menschen in Österreich betroffen sind.“ Schließlich erreichten die Abmahnbriefe eine Vielzahl von Groß- und Kleinunternehmen ...
„Datenschutzbedachte“ Auslöserin der Abmahnwelle nicht anwesend
Von Klägerin Eva Z. gibt es an diesem Tag keine Rechtfertigung zu den Vorwürfen gegen sie zu hören - sie kurzfristig erkrankt. Was sie hat, will die Richterin wissen. „Das habe ich eine datenschutzbedachte Person nicht gefragt“, empört sich Hohenecker.
Also muss ein weiterer Termin gemacht werden im September - auch um zig Dokumente zu durchforsten, die der Junganwalt in dieser ersten Tagsatzung noch vorlegte. Gegen Hohenecker ermittelt die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt außerdem wegen gewerbsmäßiger Erpressung und schweren gewerbsmäßigen Betrugs im Zusammenhang mit dieser Vielzahl an Briefen.
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