Bei einer internationalen Konferenz in der ukrainischen Stadt Lemberg soll an diesem Wochenende ein erster wichtiger Schritt unternommen werden, um Russland für Kriegsverbrechen zur Verantwortung zu ziehen. Wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Samstag mitteilte, wird bei der Konferenz die Vereinbarung über die Einrichtung eines neuen Internationalen Zentrums für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression (ICPA) unterzeichnet.
Es soll Beweise für künftige Gerichtsverfahren sichern und am Standort der EU-Agentur Eurojust in Den Haag angesiedelt werden. Eurojust ist in der Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen zuständig.
Putin soll zur Rechenschaft gezogen werden
Russland und Präsident Wladimir Putin müssten für die schrecklichen Verbrechen gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden, sagte von der Leyen in einem Video (siehe unten). Es gebe immer mehr Beweise für direkte Angriffe auf die Zivilbevölkerung sowie auf die Energieversorgung und andere Infrastruktur. Bekannt sei auch, dass russische Streitkräfte Folter, Misshandlungen, sexuelle Gewalt und Massenhinrichtungen verübt hätten. Nicht einmal Kinder würden verschont.
„Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um die Täter vor Gericht zu bringen“, erklärte von der Leyen. Die EU unterstütze die Rolle, die dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) dabei zukomme. Der IStGH hat bereits kurz nach der russischen Invasion Untersuchungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen eingeleitet. Auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht der Gerichtshof. Um ihm bessere Ermittlungen zu ermöglichen, hat die ukrainische Regierung den Weg für die Eröffnung eines Büros des IStGH in der Ukraine geebnet, das „in naher Zukunft“ eröffnet werden könnte, kündigte der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin am Freitag an.
Eigenes Gericht geplant
Der IStGH mit Sitz in Den Haag kann aber nicht gegen die höchste russische Führung wegen des Verbrechens der Aggression tätig werden, da Russland seine Zuständigkeit nicht anerkennt. Deswegen will die EU ein eigenes Gericht für Aggressionsverbrechen. Kiew drängt auf ein internationales Sondertribunal, um Russland zur Verantwortung zu ziehen. Das ICPA ist ein erster Schritt in diesem Prozess zur Sicherung von Beweisen für künftige Gerichtsverfahren.
Die Konferenz „United for Justice“ (Vereint für Gerechtigkeit) geht noch bis Sonntag. Zentrales Thema sei die Verantwortung Russlands und seiner Führung für Aggression und Terror gegen die Ukraine, wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitagabend erklärte. Auch US-Justizminister Merrick Garland reiste überraschend zu der Konferenz. „Wir sind heute in der Ukraine, um klar und mit einer Stimme zu sagen: Die Täter dieser Verbrechen werden nicht ungestraft davonkommen“, sagte er mit Blick auf „russische Kriegsverbrecher“. Die Vereinigten Staaten stünden an der Seite der ukrainischen Ermittler für Kriegsverbrechen. Seit Beginn der Invasion vor einem Jahr habe Russland Gräueltaten im größten Ausmaß aller Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg begangen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.