In Oberösterreich ist vor allem das Verbrechen im Internet explodiert. Trainingscenter für Cyber-Crime in Linz soll Manko bei der klassischen Polizeiausbildung ausbügeln helfen.
„Wir sind wieder dort, wo wir vor Corona waren“, bringen es Landespolizeidirektor Andreas Pilsl und Landeskriminalamtschef Gottfried Mitterlehner bei der Präsentation der jährlichen Kriminalstatistik auf den Punkt.
Mehr Eigenturmsdelikte
Mit 63.753 Anzeigen im Vorjahr ist man wieder auf dem Niveau von 2019 – dazwischen waren die Ganoven von Lockdown und Co. auch ausgebremst. Es gab um bis zu 8000 Anzeigen weniger. „Vor allem die Eigentumsdelikte waren fast nicht mehr vorhanden“, sagt Pilsl. Derzeit ist man bei etwa zwei Wohnungseinbrüchen pro Tag. Etwas traurig sieht man auf die Entwicklung der Aufklärungsquote. Die stieg in den Pandemiejahren in Oberösterreich auf rekordverdächtige 63,5 Prozent. Im Vorjahr fiel sie mit 59,5 Prozent aber unters Vor-Corona-Niveau.
Problemfall Internet
„Das ist auch dem Umstand geschuldet, dass die Zahl der Straftaten im Internet stark gestiegen ist, hier die Aufklärungsquote aber niedrig ist“, weiß Mitterlehner. Zur Veranschaulichung: Im Jahr 2018 gab es 368 Anzeigen wegen Cyber-Crime in Oberösterreich, und 138 wurden geklärt, im Vorjahr war die Zahl der Anzeigen auf 2859 geklettert, die der geklärten Fälle nur auf 701. Damit sank die Aufklärungsquote von 37 auf 24,5 Prozent. Wie weit das gehen kann, hat das Drama der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr gezeigt, die von Corona-Leugnern in den Tod getrieben wurde – Täter: Fehlanzeige. Mit einem Cyber-Crime-Trainingscenter in OÖ will man dagegenhalten und vor allem den Polizei-Nachwuchs auf die neuen Gegner vorbereiten. Denn im Lehrplan der Sicherheitsakademien würden diese Themen noch kaum Einzug halten.
Starker Anstieg bei „fremden“ Tätern
Ein besonderes Augenmerk wird immer auf die Herkunft der Täter gelegt. In Oberösterreich stieg der Anteil der ausgeforschten „fremden Verdächtigen“ von 24,9 Prozent auf 38 Prozent. Im Vorjahr wurden insgesamt 45.665 Tatverdächtige in Oberösterreich ausgeforscht, neben 28.310 Österreichern kommen die meisten Gauner und Verbrecher aus Rumänien (2769), Deutschland (1768), Türkei (1136), Ungarn (1054) und Bosnien (982). Afghanen, Syrer, Serben, Tschechen und Russen folgen dahinter.
Wir sind ins Hintertreffen geraten bei den Ermittlungs-Möglichkeiten. Etwa wenn es darum geht, bei Internet-Telefonie Daten zu erhalten oder wem eine Telefonnummer gehört. Wir sind die Guten, wir wollen mit diesen Daten nichts Böses.
Andreas Pilsl, Landespolizeidirektor von OÖ bei der Präsentation der Kriminalstatistik
Gewalt in Oberösterreich weniger stark gestiegen
Vergleicht man Oberösterreich mit ganz Österreich, wo Innenminister Gerhard Karner auch das Ende der Corona-Delle bei den Anzeigen betonte, gibt es eine große Auffälligkeit: In unserem Bundesland sind die Gewaltdelikte zwar auch wieder auf den Vormarsch, aber nicht so stark wie bundesweit, wo im Vorjahr insgesamt 78.836 Fälle registriert wurden – soviel wie noch nie (siehe auch unsere Grafik über die Entwicklung der Kriminalität in ganz Österreich). Im Vorjahr wurden in Oberösterreich 9624 Gewaltdelikte angezeigt, vor Corona waren es mit 9822 im Jahr 2019 sogar deutlich mehr gewesen.
Drei Frauen getötet
Bei den Gewaltdelikten gab es in 62 Prozent der Fälle auch eine Beziehung zwischen Opfer und Täter, darum ist in diesem Bereich die Aufklärungsrate traditionell hoch. 2022 lag sie bei 84,9 Prozent, während der Pandemie sogar bei 90,4 Prozent. Vergangenes Jahr wurde in Oberösterreich 322 Mal ein Messer als Tatwaffe eingesetzt, und drei Frauen verloren bei Morden ihr Leben. Die Zahl der angezeigten Vergewaltigungen sank um 4,3 Prozent auf 156.„Die größte Herausforderung liegt bei Verbrechen im Internet“, wiederholen die oö. Polizeichefs.
Info: Meldestelle für Internetkriminalität: E-Mail: against-cybercrime@bmi.gv.at
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