Senecura-Fall

Volksanwalt nimmt das Land in die Pflicht

Salzburg
08.03.2023 06:00

Gequälte Heimbewohner im Senecura-Heim in Salzburg? Die Pfleger trifft nach einer Justiz-Entscheidung keine Schuld. Juristen sehen vielmehr die Landesregierung in der Pflicht. Ein neues Pflege-Gesetz soll kommen, versichert die Politik.

Ausgehungerte, wundgelegene und vernachlässigte Bewohner im Senecura-Heim in Salzburg-Lehen: Die durch Volksanwalt Bernhard Achitz aufgedeckten Missstände in dem privaten Seniorenheim haben vor einem halben Jahr eine Welle der Entrüstung ausgelöst. Als direkte Konsequenz nahm der damals zuständige Landes-Vize Heinrich Schellhorn (Grüne) den Hut. Und jetzt, ein halbes Jahr später, hat die Justiz eine unerwartete Entscheidung getroffen: Die Ermittlungen gegen 16 Heim-Mitarbeiter werden eingestellt. „Sie haben ihr Menschenmöglichstes getan, um den Betrieb aufrechtzuerhalten“, betont Elena Haslinger von der Staatsanwaltschaft.

Zitat Icon

Das Land hat sicherzustellen, dass die Versorgung den Standards entspricht.

Volksanwalt Bernhard Achitz

Ermittelt hatte die Justiz wegen des Verdachts des Quälens und Vernachlässigens wehrloser Personen sowie der Körperverletzung gegen zehn Pflegeassistenten, drei Diplomkrankenpfleger, zwei Bereichsleiter und einen Heimleiter.
„Eine gröbliche Vernachlässigung war nicht nachweisbar“, so Haslinger, die auf den vom Land gemeldeten Anlassfall einging - nämlich eine massive Wundlegung bei einer älteren Frau. „Wie die Ermittlungen zeigten, war die betroffene Frau nicht völlig wehrlos. Sie hat ihren Willen klar kommuniziert und zeigte sich ziemlich renitent.“ So soll sich die Frau gegen Umlagerungen gewehrt und Bemühungen der Pfleger abgelehnt haben.

Experten einig: Es fehlt an klaren Landes-Vorgaben

Bereits bei ihrer Ankunft im Heim im Dezember 2021 soll ihr Ernährungszustand nicht gut gewesen sein. Zu diesem Zeitpunkt hatte laut Justiz der Heimleiter seine Vorgesetzten bereits auf die miserablen Zustände und die dünne Personaldecke hingewiesen. Gegenüber der „Krone“ findet Volksanwalt Achitz klare Worte: „Es ist erfreulich, dass die Justiz klarstellt: Es war nicht die Absicht der Pfleger, sondern es waren die Rahmenbedingungen. Das macht es umso wichtiger, dass das Land unsere Empfehlungen ernst nimmt.“

Interessant sind die Feststellungen der gerichtlich beauftragten Sachverständigen, die ein Gutachten aus dem Bereich des Gesundheits- und Krankenpflegewesens erarbeitet hat: Darin schilderte sie eine Überforderung, einen Mangel an Arbeitskräften und eine mangelhafte Kommunikation. Kritisch beäugt die Expertin den Umstand, dass es keinen Pflegeschlüssel gibt. Heißt: Es gibt keine gesetzliche Vorgabe für die Anzahl von Pflegern. Achitz ergänzt: „Ein Personalschlüssel ist nicht alles: Man hat sicherzustellen, dass die Versorgung den Standards entspricht.“ Er fordert vom Land eine klare Definierung, was „angemessene Pflege“ ist.

Landespolitikern versichert: „Neues Gesetz kommt“

Martina Berthold (Grüne) ist nach dem Rücktritt von Heinrich Schellhorn für dessen Agenden, also auch für die Pflege, zuständig. Im „Krone“-Telefonat geht die Sozialreferentin auf die Justizentscheidung ein: „Das ist für uns klar ein Auftrag, dass wir ein neues und zeitgemäßes Pflegegesetz brauchen.“

Und laut Berthold wird offenbar auf die Empfehlungen der Experten eingegangen: „Wir werden entrümpeln und klären, was gebraucht wird. Die Mitarbeiter brauchen Sicherheit und genaue Vorgaben.“ Auch ein Pflegeschlüssel wird als „Orientierung“ angedacht: Hier erwartet sie noch heiße Diskussionen. Und die Grünen-Politikerin versichert trotz der Landtagswahl: „Das Gesetz wird sicher kommen, auch wenn ich nicht mehr da wäre.“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Salzburg
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt