Seit Wochen sind in Österreich die bewährtesten Breitband-Antibiotikasäfte für Kinder vergriffen. Im März werden sie nicht mehr geliefert, Vorräte sind aufgebraucht und es gibt lange Wartelisten. Die Apothekerkammer forderte, Rohstoff zuzukaufen, damit die Mittel selbst hergestellt werden können.
Der seit Herbst besonders akute Lieferengpass bei bestimmten Medikamenten hat sich nun noch einmal bei Antibiotika für Kinder verschärft. 2019 seien in Österreich etwa 130.000 Packungen an Kinder-Antibiotikasäften verbraucht worden, im Jahr 2022 wurden rund 80.000 Packungen abgegeben, mehr standen nicht zur Verfügung. „Wir haben es nicht einmal geschafft, den Jahresbedarf von vor der Pandemie zu decken“, sagte Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr.
Rohstoffe aus dem Ausland würden helfen
„Wir wissen, es gibt Rohstoff am Markt zurzeit und wir wissen genau, wie viel Rohstoff wir brauchen für diese Produkte“, betonte die Mursch-Edlmayr. Die Kammer habe dem Gesundheitsministerium angeboten, diese Produkte in den Apotheken frisch zuzubereiten - in sogenannter Magistraler Rezeptur. Für die Rohstoffbeschaffung im Ausland müsse die Republik eine Abnahmegarantie geben und die Finanzierung sichern, erläuterte die Apothekerkammer-Präsidentin. Der heimische Großhandel könne dann für die Verteilung auf Apotheken in ganz Österreich sorgen. Für die Patienten bzw. in dem Fall die Eltern falle für die in Apotheken hergestellten Mittel nur die Rezeptgebühr an.
„Das wird von unserer Seite natürlich völlig unterstützt, dass man die Rohsubstanzen kauft“, sagte der Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), Reinhold Kerbl. Dann könnten die Mittel in allen Apotheken in Österreich in gleicher Rezeptur sicher hergestellt werden. Gewisse Antibiotika gebe es noch, aber die seit vielen Jahrzehnten bewährtesten, die am wenigsten Resistenzen verursachen, „die gibt es seit Wochen nicht“, sagte der im LKH Leoben tätige Kinderarzt - insbesondere in den kindergerechten Dosierungen. Das sei „bedrohlich und eine Gefahr für die Betroffenen“. Es gibt auch Beispiele, wo Kinder über große Distanzen für Infusionen in Spitäler geschickt werden, weil es das orale Antibiotikum nicht gibt.
Gewisse Antibiotika gibt es noch, aber die seit vielen Jahrzehnten bewährtesten, die am wenigsten Resistenzen verursachen, die gibt es seit Wochen nicht - insbesondere in den kindergerechten Dosierungen. Das ist bedrohlich und eine Gefahr für die Betroffenen.
Generalsekretär der Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), Reinhold Kerbl.
Dabei geht es „eigentlich um alle Erkrankungen, die mit Antibiotika zu behandeln sind“, wie Ohren- und Lungenentzündungen sowie aktuell „eine richtige Welle von Streptokokken-Infektionen“, berichtete Kerbl. Penicillin-Medikamente seien nicht verfügbar und es müsse zu anderen gegriffen werden, die Resistenzen verursachen und die „natürlich auch schon knapp“ werden. „So etwas hat es, soweit ich mich erinnern kann, noch nicht gegeben“, sagte der Facharzt. In den vergangenen zwei Jahren waren durch die Corona-Maßnahmen weniger von diesen Infektionen aufgetreten und jetzt ist die Situation „nicht ganz unerwartet wieder normal“ bzw. gebe es sogar zusätzlich einen Catch-up-Effekt.
Forderung nach Rohstofflagern
„Wir fordern ganz klar Rohstofflager in Österreich“, sagte Mursch-Edlmayr. Dann könnten einerseits Kinder-Antibiotikasäfte produziert werden, aber auch Medikamente für Erwachsene, wenn Bedarf besteht. „Das Problem der Lieferengpässe wird uns noch weiter begleiten und die Rohstoffe haben eine lange Haltbarkeit“, betonte die Präsidentin in dem Gespräch am Rande der Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming.
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