Störfall der Stufe 2
AKW Penly: 15-Zentimeter-Riss im Notkühlsystem
Im französischen Atomkraftwerk Penly am Ärmelkanal ist ein mehr als 15 Zentimeter langer Riss in einem Rohr des Notkühlsystems entdeckt worden. Laut der Behörde für Atomsicherheit in Paris handelt sich um den größten bis dato entdeckte Korrosionsschaden in einem französischen AKW.
Die Entdeckung dürfte nun gründliche Überprüfungen weiterer Atomkraftwerke in Frankreich nach sich ziehen. Die Autorité de sûreté nucléaire (ASN) forderte den Kraftwerksbetreiber EDF am Mittwoch auf, „mögliche weitere Fälle aufzuspüren“ und seine „Kontrollstrategie anzupassen“.
Es handelt sich demnach um einen 15,5 Zentimeter langen Riss, was einem Viertel des Durchmessers der Leitung entspricht. Er sei zudem 23 Millimeter tief, bei einer Rohrdicke von 27 Millimetern. „Das ist kein Haarriss, das ist ein Problem“, sagte ASN-Chef Bernard Doroszczuk bei einer Anhörung im Senat am Mittwoch.
Riss als Störfall der Stufe 2 eingestuft
„Wegen möglicher Folgen und der erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Bruchs“ stufte die Behörde den Riss auf der INES-Skala für die Bewertung nuklearer Ereignisse auf Stufe zwei als Störfall ein. Menschen oder die Umwelt seien dadurch nicht gefährdet. Störfälle der Stufe zwei sind relativ selten, im vergangenen Jahr gab es einen einzigen.
Der Reaktor ist derzeit abgeschaltet. Er sollte im Mai wieder hochgefahren werden. „Der Riss ist an einer Stelle aufgetreten, wo man es nicht erwartet hatte“, sagte der Atom-Experte Yves Marignac der Nachrichtenagentur AFP. Es handle sich um eine Leitung im Notkühlsystem, durch die im Notfall erhitztes Wasser geleitet werde.
„Schon fast eine undichte Stelle“
Bisher habe EDF in erster Linie die Leitungen des Notkühlsystems überprüft, durch die kaltes Wasser eingespeist werden würde, sagte Marignac. Das Ausmaß des Risses sei beunruhigend. „Das ist schon fast eine undichte Stelle“, sagte er.
Nach Einschätzung der ASN geht der Riss auf einen Fehler beim Bau des AKW zurück. „Man hat die Leitungen zurechtgebogen, um sie zu schweißen, dann gab es Fehler an den Schweißnähten, und sie wurden noch einmal repariert“, erläuterte Doroszczuk. Das sei eine „inakzeptable Vorgehensweise“.
Laut der Behörde für Atomsicherheit aktualisierte der Betreiber EDF nun auch seine Angaben zu Korrosionsproblemen in Atomreaktoren in Cattenom, Civaux und Chooz. Diese wurden von der Behörde auf der INES-Skala (das ist die Internationale Bewertungsskala für nukleare und radiologische Ereignisse, Anm.) auf Stufe eins als „Störung“ bewertet. Details dazu sind noch nicht bekannt.
Macron will weitere AKWs bauen
Wegen anhaltender Probleme mit seinen alternden Atommeilern hatte Frankreich im vergangenen Jahr so wenig Strom produziert wie seit drei Jahrzehnten nicht. Präsident Emmanuel Macron will noch während seiner Amtszeit den Grundstein für die ersten beiden von sechs neuen Atomreaktoren legen, die just in Penly gebaut werden sollen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.