Im Kampf gegen Chinas Datenkrake prüft das Innenministerium einen Bann der angesagten App - in der Politik herrscht das große Schweigen ...
Nachdem die USA, Kanada und einige europäische Länder schon vorgeprescht sind, wird Österreich wohl in den nächsten Tagen mit einem TikTok-Verbot nachziehen. Es geht um den akuten Sicherheitsalarm rund um die – besonders bei der Jugend – angesagte Handy-App mit Kurz-Videos. Denn China soll mit seiner mittlerweile gigantischen Datenkrake im Netz die User systematisch ausspionieren.
Konkret prüft das Innenministerium jedenfalls seit Ende Februar einen möglichen Bann der App auf allen Behördenhandys. Polizisten, Magistrats- und Ministeriumsmitarbeitern etwa soll künftig die Benutzung auf Dienst-Smartphones untersagt werden. Kommende Woche dürfte dann die Entscheidung bekannt gegeben werden. Und wie es die Spatzen vom Palais Modena, dem Sitz des Innenministeriums, von den Dächern pfeifen, ist ein Verbot de facto fix!
Datenschutzaktivist Schrems: „Zugriff auf GPS und Mikrofon“
Wir haben Datenschutzaktivist Max Schrems gefragt, warum genau TikTok auf Diensthandys verboten wird. „Generell wird befürchtet, dass über die App Daten von Beamten in die Hände von China fallen könnten“, so Schrems, der erläutert: Je nach Freigabe und Betriebssystem habe jede App Zugriff auf Identitätsnummer des Handys, Daten, GPS-Location, Mikrofon und Ähnliches. Es sei aber „wirklich schwer herauszufinden, welche Daten genau weitergegeben werden. Meist handelt es sich um große Datenmengen, womit es einfacher wäre, hier etwas mehr abzusaugen als nötig, ohne dass es auffällt.“
Die Unternehmen wollen Geld verdienen. Das geht entweder durch Datennutzung, aber auch durch den Verkauf der Daten.
Datenschutzexperte Max Schrems
Bild: APA/HANS PUNZ
Was haben Handy-Apps davon, die Daten zu verwenden? „Die Unternehmen wollen Geld verdienen. Das geht entweder durch Datennutzung, aber auch durch den Verkauf der Daten. Es gibt aber auch bezahlte Apps, die etwas kosten, aber dennoch unsere Daten weiterverwenden.“
Chinas Imperium dominiert das Netz
Indes wächst das Internet-Imperium des roten Drachen jeden Tag. Die Musik- und Videoplattform hat weltweit mittlerweile 1,5 Milliarden Accounts. In 141 Ländern und auf 39 verschiedenen Sprachen ist TikTok besonders für die Generation Z unter den sozialen Plattformen nicht mehr wegzudenken. Spätestens seit der Pandemie gehören die oft nur einige Sekunden langen Videos auf Dauerschleife für die Jugend zum Alltag. In Österreich begeistert die Plattform immerhin 1,75 Millionen Menschen.
Aber auch bei der Generation Y und den Babyboomern ist TikTok kein Neuland mehr, sogar Stars und Sternchen aus aller Welt stürzen sich auf das mediale Neuland, durch die kurzen Videos erlauben sie Einblicke in Privates. Hierzulande schmeichelt Richard Lugner in gebrochenem Englisch und Wiener Schmäh seinen 25.000 Followern. Im internationalen Rennen um Ansehen dominieren dagegen Promis wie Kim Kardashian mit 7,9 Millionen Fans oder Katy Perry mit 6,9 Millionen Followern. Insbesondere Billie Eilish punktet auf der Plattform und erreicht rund 47 Millionen Nutzer mit ihren Videos.
Heimische Polit-Riege bleibt auf Plattform
Neben den Reichen und Schönen tummelt sich aber auch praktisch die gesamte heimische Polit-Prominenz auf der beliebten Plattform. Von Bundespräsident Alexander Van der Bellen (Nummer 1 mit knapp 58.000 „Fans“) abwärts über Kanzler Karl Nehammer und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (mit mehr als 20.000 Followern und 125 Videos führend in der türkis-grünen Regierung) bis hin zu Justizministerin Alma Zadić oder Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.
Sie alle setzten sich dort von süßen Hunde-Clips oder Ballkleider-Bildern bis hin zu Staatsbesuchen - dienstliche und private Nutzung verschwimmt da sehr oft - in Szene. Und sie alle eint ein Ziel: die politikverdrossene Generation Z in die Wahlkabine zu locken.
@derkandidat_vdb Ready? Ready! #Österreich dienen. 💪🇦🇹 Übrigens: Verfolge die #Angelobung von #VDB hier auf #tiktoklive (Do. 26.1 - 10:00 Uhr) 🔴🎥 #bpw22#vdb2022♬ Originalton - Alexander Van der Bellen
@karlnehammer Es hat mich sehr gefreut, Finnlands Ministerpräsidentin Sanna Marin in Wien zu begrüßen! 🇫🇮🇦🇹 #österreich#finnland#karlnehammer#sannamarin#bundeskanzler#politik#kanzler#europa#europe#eu#fürdich#foryou#fy#fyp♬ Originalton - Karl Nehammer
Großes Schweigen in der heimischen Politik
Im Vorfeld des TikTok-Verbots herrscht jetzt in der heimischen Politik das große Schweigen. Denn während das Verbot für Regierungsstellen kommt, will man im Kampf um die junge Wählerschicht auf diese Plattform nicht verzichten.
Und was sagt TikTok selbst? Man sei enttäuscht, spricht von „grundlegenden Fehlinformationen ohne Beweise“.
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