Prinz Harry hat offen über seine Drogen-Experimente gesprochen. Er will dabei festgestellt haben, dass jenseits seiner „massiv gefilterten Wahrnehmung“ noch eine andere, ebenso reale, aber doppelt so schöne Welt liege. Zudem merkte er an, dass diese Erfahrung eine zentrale Rolle bei der Bewältigung psychischer Probleme gespielt habe. Experten warnen indes ausdrücklich vor diesen Substanzen …
In seiner Biografie „Reserve“ berichtet der britische Prinz Harry über Erfahrungen mit psychedelischen Drogen: „Unter dem Einfluss solcher Substanzen konnte ich die starren Vorstellungen der Welt hinter mir lassen.“ Mental habe ihm das sehr geholfen. Das sagte der 38-Jährige kürzlich in einem Online-Gespräch mit dem kanadischen Trauma-Experten Gabor Maté und spricht damit ein Thema an, um das es seit einiger Zeit wieder einen ziemlichen Hype gibt.
Helfen Drogen gegen psychische Erkrankungen?
Auf illegalen Stoffen wie Psilocybin (Zauberpilze), MDMA (Ecstasy) und LSD ruhen durchaus Hoffnungen: Haben sie womöglich ein Potenzial, gegen unterschiedliche psychische Erkrankungen zu helfen? Gegen Depressionen, Angst-, Zwangs- und Suchterkrankungen oder posttraumatische Belastungsstörungen? Bisherige Erkenntnisse reichten nicht aus, um den Einsatz außerhalb klinischer Studien zu rechtfertigen, heißt es in der Leitlinie zu Depression.
Risiko vs. Nutzen
In Großbritannien zogen Harrys Äußerungen Kritik auf sich, laut „Daily Mail“ wird ein verstärktes Interesse an Quacksalber-Therapien befürchtet. Im Buch erwähnt Harry Pilze und den halluzinogenen Trank Ayahuasca (DMT). Die Anwendung nennt er „rein medizinisch“, allerdings sind die Substanzen in vielen Ländern illegal.
Dabei können Erinnerungen an 2009 wach werden: Bei einer illegalen „Drogentherapie“ in Berlin starben zwei Männer an einer Überdosis Ecstasy. Fünf weitere Menschen kamen mit Vergiftungen ins Krankenhaus. Der verurteilte Arzt hatte die Droge falsch abgewogen.
Eine mögliche Wirksamkeit gegen bestimmte Krankheiten muss erst einmal in größeren klinischen Studien gezeigt werden. Die Fragen sind etwa, ob die Wirkung über den Effekt eines Scheinmedikaments hinausgeht und ob der Nutzen größer ist als bei schon vorhandenen Therapien. Forschende wollen wissen, wie lange mögliche Wirkungen anhalten und wie unerwünschte Nebenwirkungen das Verhältnis von Risiko zu Nutzen beeinflussen. Wichtig ist zudem die richtige Dosis.
Neue Hoffnung bei nicht behandelbaren Depressionen
Zu Psilocybin läuft eine Studie des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, an der auch die Charité in Berlin beteiligt ist. Es geht um Depressionen, deren Behandlung bisher erfolglos war. Die Substanz löst laut Angaben auf der Studienwebseite für einige Stunden einen Zustand ähnlich einem Tagtraum aus, oft verbunden mit verstärkten Emotionen. Hinweise, dass die Substanz abhängig macht, gebe es nicht. 2024 lägen voraussichtlich Ergebnisse vor, teilte Charité-Studienkoordinator Michael Koslowski mit.
Weiter fortgeschritten ist der Einsatz des Narkose- und Schmerzmittels Ketamin, auch bekannt als „Partydroge“. Bei Menschen mit therapieresistenten Depressionen kann es unter bestimmten Voraussetzungen intravenös, unter die Haut oder seit Ende 2019 auch als Nasenspray (dann als Esketamin) verabreicht werden. Als Vorteil gilt, dass die Wirkung schnell eintritt. Die Gabe hat etwa zur Folge, dass Patientinnen und Patienten eine Zeit lang quasi von ihrer Umwelt abgekoppelt sind.
„Wir haben mit Ketamin teils ganz erstaunliche Erfolge bei Betroffenen gehabt. Ich sehe es als wertvolle Bereicherung der therapeutischen Möglichkeiten“, sagt Andreas Reif, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinik Frankfurt. „Solche Therapien müssen aber immer eingebettet sein in eine psychiatrische Gesamtbehandlung“, so Reif weiter.
Selbstversuche höchst riskant
Sprich: Einen Drogen-Trip in Eigenregie darf man sich keinesfalls als einfache Lösung für komplexe psychische Probleme vorstellen. Im Gegenteil. Das könnte nach hinten losgehen. Selbstversuche erschienen zunehmend auf Portalen wie YouTube, berichtet Koslowski von der Charité. Das halte man für sehr riskant. Nachahmer liefen Gefahr, gefährliche Komplikationen zu erleiden: Angstreaktionen, Psychosen, Unfälle und Risiken für das Herz, etwa wenn eine zu hohe Menge eingenommen wird oder eine Mischung mehrerer Substanzen.
Aber: „Substanzen nicht verteufeln“
Die Substanzen seien nach bisherigen Erkenntnissen auch kein Heilsbringer für alle Patienten, sagt Reif, der im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde ist. „Man darf sie aber auch nicht verteufeln. Wir sollten froh sein über jedes zusätzliche Medikament, das wir zur Verfügung haben.“ Weitere Psychedelika dürften aus Reifs Sicht in Zukunft für die Nutzung im psychiatrischen Bereich hinzukommen. Fachleute sprechen davon, dass es etwa bei Psilocybin noch eine Frage mehrerer Jahre sein dürfte.
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