Pech hatte die Wiener Staatsoper bei der Premiere von Wolfgang Amadeus Mozarts Opernhit „Die Hochzeit des Figaro“ in Barrie Koskys Regie: Sopranistin Ying Fang spielte Susanna, konnte aber nicht singen! Am Schluss Jubel und obligate Buhs. Fazit: eine amüsante Aufführung mit viel Klamauk.
Gleich zu Beginn „saure Drops“ fürs Publikum: Staatsopernchef Bogdan Roščić musste „Susanna“ Ying Fang entschuldigen. Nach einer Stimmbandblutung durfte sie die Partie zwar nicht singen - da sprang die Russin Maria Nazova rettend ein -, aber Ying Fang durfte, nein, musste spielen. Hat die Staatsoper keine Zweitbesetzung, die mitgeprobt hat? Dass die bereits bei den Proben mit Vorschusslorbeeren bedachte Ying Fang die Susanna spielte, war für die Produktion eminent wichtig. Denn nur sie wusste, wie Regisseur Barrie Kosky jede Szene „choreografiert“ hat.
Kosky setzt in seiner Inszenierung von Mozarts „Nozze di Figaro“ auf Mikro-Feinarbeit. Der brillante Könner entwickelt für jede Figur ein minutiöses Repertoire in Gestik und Mimik bis hin zum rasanten Klamauk. Eine überquellende Gagparade, in der alle auf der Jagd nach Sexobjekten Fangen spielen, sich balgen und auf dem Boden wälzen dürfen. Der „Tolle Tag“ einer erotisch entfesselten High Society. Am Vorabend der Französischen Revolution, die Kosky allerdings kaum beschwört. „Ein Mix aus einer Feydeau-Farce und ,Câge aux folles‘“, ätzte ein Bekannter.
Doch Kosky, der das Verwirrspiel in den ersten drei Akten in prächtigen Barockräumen von Rufus Didwiszus ansiedelt - schräg die Kostüme Victoria Behrs -, verschenkt im vierten Akt alles. Für das knisternde erotische Versteck- und Überraschungsspiel im Garten genügt ihm eine hässliche Bodenplatte: Keine grüne Staude! Nur Deckel gehen auf und zu, die Sippschaft der Sexabenteurer scheint’s gern im Keller zu treiben. Ein gekünstelt-kaltes Vexierspiel.
Musikalisch bietet Philippe Jordan mit dem Staatsopernorchester Temperament und Leidenschaft, sinnlich dichte Atmosphäre, noblen Mozartschen Schönklang. Einfühlung, auch in subtile Situationen, und Geschmack bestimmen von der brillanten Ouvertüre an sein Dirigat. Andrè Schuen gefällt als smart attraktiver Graf mit kraftvollem Bariton und schönem Timbre, Hanna-Elisabeth Müller als ausgezeichnete, nobel verhaltene Gräfin, Peter Kellner als charmantes Springinkerl Figaro, Patricia Nolz ein solider Cherubino.
Josh Lovell überzeugt als kapriziös rastloser Schickeria-Boy Basilio, Stephanie Houtzeel ist eine hysterisch überdrehte Marcellina auf Männerjagd, Stefan Cerny ein dunkel orgelnder Bartolo, Wolfgang Bankl ein herrlich pampiger Gärtner Antonio, Johann Wallroth eine Barbarina, die gern verführerisch wäre. Am Schluss Jubel und obligate Buhs.
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