Diesen besonderen Tag - ihren ersten Geburtstag - verbringt die kleine Mya nicht mit ihrer Familie, sondern im Spital. Das Baby trägt schwere Folgen von einem Schütteltrauma davon - durch seine Mama. Sie steht jetzt wegen versuchten Mordes an ihrer Tochter vor Gericht in Wien und kann die Tränen nicht zurückhalten.
Am ersten Prozesstag wurde Mya genau ein Jahr alt. „Nur durch Glück feiert sie heute den ersten Geburtstag“, erklärt die Staatsanwältin. Und durch die schnelle ärztliche Hilfe und Behandlung des Schütteltraumas - das ausgerechnet ihre Mama ihr zugefügt hat.
Mindestens zweimal heftig geschüttelt
In Tränen aufgelöst, wird die junge Mutter in den Verhandlungssaal in Wien geführt. Den kompletten Vortrag der Anklage weint die 29-Jährige. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr versuchten Mord an ihrem eigenen Baby vor: „Sie war vollkommen überfordert. Das gipfelte in dem Vorfall. Sie packte Mya unter den Achseln und schüttelte sie mehrere Sekunden.“ - und das im Juli 2022 mindestens zweimal.
So wie das jetzt ausschaut, wird das Mädchen nie ein normales Leben führen können. Sie bleibt für immer behindert.
Staatsanwältin über die kleine Mya
„Mya hat durch dieses Schütteln lebensgefährliche Verletzungen erlitten“, so die Anklägerin. Erst um ein Uhr nachts fiel den Eltern der Kleinen auf, dass sie ganz steif war, ihre Pupillen komplett erweitert. Sofort riefen sie selbst die Rettung. „So wie das jetzt ausschaut, wird das Mädchen nie ein normales Leben führen können. Sie bleibt für immer behindert“, schließt die Staatsanwältin ihren Eröffnungsvortrag mit einer schrecklichen Zukunftsprognose.
Das medizinische Gutachten ergibt: „Mya ist schwer geschädigt“
Eine Hirnblutung, eine Netzhautunterblutung und einen Gehirngewebeschaden erlitt das damals vier Monate alte Kind - alles Beweise für ein Schütteltrauma, so der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp. Und demonstriert an einer Baby-Reanimationspuppe, wie gewaltsam die Angeklagte Mya hat schütteln müssen. Was freilich Entsetzen in den Gesichtern der Geschworenen auslöste. „Das Schütteltrauma ist teuflisch. Es gibt meistens keine äußerlichen Verletzungen“, erklärt Klupp die Gefahr eines solchen Zustands.
Erst einen Monat nachdem das Baby ins Krankenhaus eingeliefert wurde, konnte es von der Intensiv auf die Normalstation verlegt werden. Die Schäden dauern laut Gerichtsmediziner aber an: Es sei fraglich, ob Mya je feste Nahrung zu sich nehmen können wird. Ihr geistige Entwicklung sei auf dem Stand eines sechs Monate alten Kind. Es könne sogar sein, dass das Mädchen nie ohne Hilfe gehen können wird.
„Ich wollte mein Kind nicht umbringen“
Die angeklagte Mutter schluchzt nur: „Ich wollte mein Kind nicht umbringen. Ich war völlig kaputt, und sie wollte nicht aufhören zu schreien.“ Alleine kümmerte sich die Angeklagte um Kinder, Haushalt und finanzielles Einkommen. Ihr Lebensgefährte war da keine große Hilfe.
Ich will kein Mitleid gegenüber meiner Mandantin erwecken. Aber sie hat alles für ihre Kinder getan. Sie liebt ihre Kinder über alles.
Anwalt Nikolaus Rast
Dazu leiden sowohl ihr Sohn (5), als auch ihre kleine Tochter Mya an einer Vorerkrankung - beide waren Frühgeburten. Das Mädchen hat eine Bluterkrankung, muss deswegen regelmäßig ins Spital. „Kaum ist sie nach Hause gekommen, hat sie den Kochlöffel, den Besen und den Sohn gleichzeitig in die Hand gedrückt bekommen“, beschreibt Verteidiger Nikolaus Rast den völlig überfüllten Alltag der 29-Jährigen. Er spricht sich klar gegen einen Mordvorsatz aus. Schließlich hätte sie die Rettungskette in Gang gesetzt: „Das tut niemand, der ein Kind umbringen will.“
„Grundsätzlich eine gute Mutter“
Aber wie kann jemand so etwas überhaupt tun? „Das, was wir hier sehen, ist eine Entwicklung in eine tiefe Überforderung hinein“, beschreibt Psychiater Peter Hofmann. Die Mutter hätte sich nie Hilfe geholt, den Schein nach außen wahren wollen. Trotzdem sagt Hofmann im Prozess: „Ich gehe davon aus, dass sie grundsätzlich eine gute Mutter ist.“ Sie sei weder gefährlich noch unzurechnungsfähig - einfach heillos überfordert.
Wozu die Staatsanwältin treffend zusammenfasst: „Man darf überfordert sein, aber nicht schütteln!“ Am 16. März fällt das Urteil im Prozess gegen die angeklagte Mutter.
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